Curly Coated Retriever – The Thinking Person’s Retriever

| Text: Angelika Glock |

Vielfach ist zu lesen, der Curly Coated Retriever sei ein Retriever für Menschen mit Denkvermögen, der niemals aufgibt, bevor sein Besitzer es tut. Und tatsächlich sind sein unermüdlicher Arbeitseifer und seine hohe Jagdintelligenz nahezu sprichwörtlich. Häufig kurz als „Curly“ bezeichnet, wurde der heute leider nur noch selten anzutreffende respektive jagdlich geführte Curly Coated Retriever ursprünglich in England für die Jagd auf Flugwild des Hochlands und vor allem auf Wasservögel gezüchtet. Mit großer Hingabe und Ausdauer apportiert er zuverlässig geschossenes Wild aus allen Arten von Gewässern.

Exterieur des Curly Coated Retrievers

Curl, englisch für Locke, ist ein erster Hinweis auf seine markante, elegante Erscheinung. Der offizielle Rassestandard des American Kennel Clubs definiert darüber hinaus das Besondere dieser ältesten und seltenen Retrieverrasse sehr pointiert: „Dieser elegant aufrecht stehende, vielseitig einsetzbare Jagdretriever wird von den meisten Hundehistorikern als eine der ältesten Apportierhunde angesehen. Der in England gezüchtete Curly war lange Zeit ein Favorit englischer Wildhüter. Geschätzt für seine angeborene Feldtauglichkeit, seinen Mut und seine unbändige Ausdauer, ist ein korrekt gebauter und temperamentvoller Curly einsatzbereit, solange Arbeit ansteht, und apportiert Haar- und Federwild selbst im dichtesten Unterholz und im eisigsten Wasser. Um den ganzen Tag arbeiten zu können, muss ein Curly ausgeglichen und gesund, stark und robust sowie schnell und wendig sein. Körperbau, Haltung und Verhalten vereinen sich zu einer Anmut und Eleganz, die bei anderen Retrieverrassen eher ungewöhnlich ist und die einzigartige, aufrechte Qualität dieser Rasse ausmacht. Der Curly ist vorn und hinten mäßig gewinkelt und wirkt im Vergleich zur Körpergröße höherbeinig als andere Retrieverrassen. In der Haltung ist der Curly ein aufrechter, aufmerksamer und selbstbewusster Hund. In der Bewegung verschmelzen alle Körperteile zu einer geschmeidigen, kraftvollen, harmonischen Symmetrie. Das Fell, ein Markenzeichen der Rasse, ist für alle Curlys von großer Bedeutung, egal ob Begleit-, Jagd- oder Ausstellungshund. Das perfekte Fell ist eine dichte Masse kleiner, enger, ausgeprägter, knackiger Locken. Der Curly ist unglaublich schlau und gut trainierbar und wird daher als treuer Begleiter zu Hause ebenso geschätzt wie im Feld. […]

Selbstbewusst, standhaft und stolz – dieser aktive, intelligente Hund ist ein charmanter und sanftmütiger Familienbegleiter und ein entschlossener, ausdauernder Jäger. Der Curly ist aufmerksam, fügsam und reagiert auf Familie und Freunde, egal ob zu Hause oder im Gelände. Von seinem unabhängigen Wesen und seiner scharfsinnigen Intelligenz geprägt, wirkt der Curly manchmal distanziert oder eigensinnig und ist daher oft weniger aufgeschlossen, insbesondere gegenüber Fremden, als die anderen Retrieverrassen. Die Unabhängigkeit und Ausgeglichenheit des Curlys sollten nicht mit Schüchternheit oder mangelnder Gefälligkeit verwechselt werden. […] Im Gelände ist der Curly eifrig, ausdauernd und von Natur aus mutig. Zu Hause ist er ruhig und anhänglich.“

Entstehung der Rasse

Der Curly Coated Retriever ist nicht nur der größte Retriever der fünf Retrieverrassen, sondern er hat auch die längste Geschichte. Sein markantes hartes, gelocktes Fell geht vermutlich auf den English Waterdog zurück – ein im 17. Jahrhundert aufgrund seiner Klugheit, seiner Vorliebe für Wasser, seines ausgeprägten Apportierinstinkts und seiner Ausdauer geschätzter Hundetypus. Ferner sind seine Ursprünge auf den St. John’s Neufundländer, den gemeinsamen Vorfahren fast aller Retrieverrassen, zurückzuführen. Im Laufe der Zeit dürften Rassen wie Pointer, Setter und vermutlich auch Irish Water Spaniel sowie Pudel zur Entwicklung des Curlys beigetragen haben. Historische Darstellungen aus dem 18. Jahrhundert lassen erkennen, dass der heutige Typ des Curly Coated Retrievers bereits damals in sehr ähnlicher Form existierte.

1854 erkannte der englische Kennel Club die Rasse offiziell an, 1860 wurde der erste Curly in Birmingham im Rahmen einer gemischten Klasse aller Retriever ausgestellt. Erst drei Jahre später, im Jahr 1863, wurden die Retrieverrassen dann getrennt voneinander ausgestellt. 1896 schließlich wurde der erste Curly Coated Retriever Club in England gegründet, 1913 der Standard festgelegt. Im Gegensatz zu anderen Retrieverrassen gibt es beim Curly Coated Retriever keine Aufspaltung in Show- und Arbeitslinien.

Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert war der Curly Coated Retriever in England und Schottland sehr populär. In dieser Zeit waren Curlys auf fast jedem großen Landgut in England zu finden: vielfach als persönliche Hunde des Landbesitzers, viele Gutsbesitzer hielten auch einige Curly Coated Retriever zur Zucht. Besonders Förster und Wildhüter führten häufig mehrere dieser Hunde. Die Curlys wurden zu jener Zeit zum einen als vielseitige Jagdgebrauchshunde genutzt, zum anderen als zuverlässige Wächter von Haus und Hof sowie als Schutzhunde gegen Wilddiebe. In erster Linie wurden sie bei der Jagd auf Wasservögel eingesetzt, wurden aber auch von Einzeljägern bei der Niederwild-Treibjagd (Rough Shooting) geführt. Aufgrund ihrer hervorragenden Schwimmfähigkeiten machten sie sich zudem auch für die Fischer und Seeleute unentbehrlich – dort halfen sie beim Ein- und Ausbringen von Netzen und Leinen.

Auch außerhalb Großbritanniens hat sich der Curly Coated Retriever als nützlicher und vielseitiger Arbeitshund bewährt. In Australien etwa ist die Rasse bereits ebenso lange bekannt wie in ihrem Ursprungsland – dort gilt der Curly als der klassische Hund für die Entenjagd. Australische Farmer schätzen ihn seit jeher als zuverlässigen Helfer: Ob beim Hüten von Vieh, als Wachhund oder sogar bei der Kängurujagd – der Curly war dort vielerorts erste Wahl, lange bevor Labrador oder Golden Retriever überhaupt bekannt wurden. Und vielerorts ist das bis heute so geblieben.

In Neuseeland wird der Curly Coated Retriever nach wie vor als vielseitiger Jagdgebrauchshund eingesetzt. Selbst in Skandinavien überrascht die Rasse durch ihre hohe Anpassungsfähigkeit – dort findet man sie gelegentlich sogar im Einsatz als Schlittenhund.

Trotz seiner Vielseitigkeit und seiner starken Arbeitsmoral wurde der Curly Coated Retriever im Laufe des 20. Jahrhunderts von anderen Retrieverrassen wie dem Labrador, Golden oder Flat Coated Retriever zunehmend verdrängt. Weltweit sind nur noch einige Tausend Tiere registriert. In England wurde der Curly Coated Retriever auf die Liste der gefährdeten einheimischen britischen und irischen Rassen gesetzt (diese Liste gilt für Rassen, von denen jährlich weniger als 300 Hunde registriert werden) – für das Jahr 2024 finden sich dort nur 50 registrierte Curlys.

Auch in Deutschland sieht die Situation nicht besser aus: Laut Welpenstatistik des DRC (Deutscher Retriever Club e. V.) fielen im Jahr 2024 lediglich 48 Welpen.

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