Der Name ist Programm
| Text: Annette Feldmann |
Bernhard Nett ist Winzermeister und Seniorchef des Weinguts Bergdolt-Reif & Nett an der Deutschen Weinstraße in der Pfalz. Der 60-Jährige ist nicht nur leidenschaftlicher Winzer, sondern auch passionierter Jäger.
Typischer könnte ein Winzer ein Gespräch wohl kaum einleiten: „Ich komme gerade vom Rebenschneiden“, sagt Bernhard Nett. „Und heute Abend richten wir eine Veranstaltung unter dem Motto ,Wein trifft Wild‘ aus, da haben wir alle Hände voll zu tun.“ Wenn es um Wildgerichte (oder Speisen generell) und Wein ginge, müsse man darauf achten, dass der Wein das Gericht nicht zerstört, betont Nett. Dabei sei immer die Soße und welche Gewürze sie beinhalte, ausschlaggebend. Eine generelle Empfehlung, was es bei der Paarung von Rebengetränk und Speisen zu beachten gibt, existiert übrigens nicht: „Es gilt die Regel, dass keine Regel gilt“, sagt Bernhard Nett. Oder wie man in der Pfalz zu sagen pflegt: „Das Esse muss rutsche.“
Tatsächlich ist es für ihn immer wieder ein spannender Prozess, Weine zu einer Menüfolge zu kombinieren. „Für die kalte Wildplatte heute Abend denke ich zum Beispiel an einen Grauburgunder“, sagt der Winzer, der sich in Absprache mit den Gastronomen, mit denen das Weingut zusammenarbeitet, jedes Mal aufs Neue überlegt, welche Weine zu welchem Angebot passen könnten. „Ich stelle mir vor, was passen könnte, und in 80 Prozent der Fälle liege ich richtig“, sagt Bernhard Nett.
Selbst trinkt er am liebsten Weißburgunder. „Es gibt allerdings auch Tage, da ‚geht der Wein nicht zu mir‘, wie ich das nenne“, erklärt er. Aus diesem Grund stehen bei Bernhard Nett stets fünf bis sechs Sorten Wein im Kühlschrank. Je nach Wetter und Stimmung freue er sich nach der Arbeit auf ein Glas Lagrein oder Spätburgunder – jeden Tag. „Klingt ein bisschen nach Klischee, aber abends trinke ich als Betthupferl ein Glaserl, und meist gibt’s noch eine Brezel dazu.“ Für den Mittag steht Traubensaftschorle bereit; außerdem findet sich im Kühlschrank stets eine Flasche guter Pfälzer Winzersekt: „Wenn ich mal einen Keiler erlege, stoße ich damit an.“
Sein Sohn Christian hat inzwischen das Weingut übernommen, aber zu tun hat Bernhard Nett immer noch genug. Bereits als Kind hat er von einem eigenen Weingut geträumt. Schon als Zwölfjähriger hat er seine ersten Reben allein geschnitten und half nach der Schule seinem Vater auf dessen 1,2 Hektar großen Gut bei der Arbeit. 1980 hat Bernhard Nett in das Weingut Bergdolt-Reif eingeheiratet, das sich seitdem Bergdolt-Reif & Nett nennt. Dessen tiefgründige Lehm-Löss-Böden sind prädestiniert für Bukettsorten und arbeiten die Aromen von Burgunder, Muskateller und Scheurebe wunderbar heraus. Der Klimawandel ermöglicht inzwischen auch den Anbau von Merlot, Syrah und Cabernet Sauvignon. „Das war vor 20 Jahren noch undenkbar“, sagt Nett.
Vor fünf Jahren hat das Weingut auf ökologische Erzeugung umgestellt. „Wir machen alles naturnah und setzen zum Beispiel keine künstliche Bewässerung ein.“ Das bedeutet auch, dass gegen Fäulnis und Ungeziefer keine Mittel gespritzt werden. Am besten ist es also, wenn erst gar keine Fäulnis entsteht. Das gelingt durch eine hohe Blattmasse an den Reben. „Wir entlauben nicht vollständig“, erklärt Bernhard Nett. „Die Blätter brauchen wir, damit die Trauben Schatten haben und die Aromen bleiben.“ Lediglich die Blätter direkt an der Traube, dort, wo das Ungeziefer herankommen könnte, werden entfernt. „Man muss nicht viel tun, aber zur richtigen Zeit das Richtige“, erläutert Bernhard Nett den Winzergrundsatz der Familie. Einige der besten Weinberge werden zudem nach alter Väter Sitte aufwendig ausschließlich mit Pferdekraft bewirtschaftet – so bleibt die Erde locker, und der Boden kann atmen.