Die Kunst der Koexistenz
| Text: Dr. Wolfgang Fleck |
Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) ist für die wissenschaftliche Erforschung von Wald und Wild zuständig. Eine ihrer Fachabteilungen ist das Wildtierinstitut, das der Biologe Dr. Janosch Arnold seit Beginn des Jahres 2025 leitet. Dr. Wolfgang Fleck hat ihn am Institut in Freiburg besucht…

Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) ist für die wissenschaftliche Erforschung von Wald und Wild zuständig. Eine ihrer Fachabteilungen ist das Wildtierinstitut, das der Biologe Dr. Janosch Arnold seit Beginn des Jahres 2025 leitet. Dr. Wolfgang Fleck hat ihn am Institut in Freiburg besucht und mit ihm über seine Arbeit gesprochen.
Das Gebäude des Wildtierinstituts in Freiburg liegt in einem Viertel der Stadt, das die Gründerzeit und der Jugendstil so markant wie elegant geprägt haben. Großzügig konzipierte Häuser künden stumm von der glanzvollen Geschichte der Stadt, von reichen Bürgern, vom Sinn unserer Vorfahren für das Schöne. Auch das Institut ist in einer jener Villen untergebracht. Es ist ein weißes, hochgerecktes Gebäude, es hat beeindruckend hohe Geschosse und einen kleinen klassizistischen Giebel in luftiger Höhe. Der frühreife April lässt im Vorgarten Forsythien in üppigem Gelb ausschlagen. Eine Treppe aus rotem Sandstein führt hoch zum Eingang, der von einem kleinen Baldachin überkront wird. Dort erwartet mich Dr. Janosch Arnold.
Den Lesern von HALALI ist er eine bekannte Größe. Zusammen mit seiner Frau schreibt er die wildbiologischen Beiträge. Arnolds Interesse für die Tierwelt ist früh erwacht. Die Wahl des Berufs ist daher vorgezeichnet: Er wird Biologe. Er beginnt sein Studium in Kiel, wechselt dann in den Süden, nach München, und spezialisiert sich auf Wildbiologie. An der Universität Bristol schreibt er seine Doktorarbeit über den Rotfuchs. Nach Tätigkeiten an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) und für den WWF (World Wide Fund for Nature) verschlägt es ihn ins oberschwäbische Aulendorf, an die Wildforschungsstelle des Landes Baden-Württemberg. Zu Beginn dieses Jahres ist er ins badische Freiburg an die FVA gewechselt. Eine Frage treibt Arnold immer wieder aufs Neue um: Wie funktioniert das Zusammenleben von Menschen und Tier in einer Welt, die sich – vor allem durch das Wirken des Menschen – permanent verändert? Jene Interaktion zu erforschen ist sein Interesse, ist biografisches Leitmotiv und auch das Signum seiner Tätigkeit am Wildtierinstitut.
Das Wildtierinstitut
Das Spektrum der Aufgaben des Instituts ist weit gefächert. Primär erforscht man wildökologische Zusammenhänge, plant die Grundlagen für das Zusammenleben mit Wildtieren – etwa für Wildruhegebiete – und entwirft Konzepte für wildtierfreundliches Freizeitverhalten. Auch die Aufbereitung und der Transfer von Fachwissen sind ein wesentlicher Teil des Programms. So erarbeiten die Mitarbeiter regelmäßig Handreichungen für Wildtierbeauftragte, Forstwirtschaftler, Jäger und Bauern. All dies ist praktisch ausgerichtet – Grundlagenforschung im Elfenbeinturm gibt es hier nicht.
Im Vordergrund stehe das sogenannte Monitoring, erklärt Arnold. „Wir beobachten das Wild und seine Lebensräume systematisch, erforschen sein ‚Raum-Zeit-Verhalten‘ und versuchen auch zu erkennen, wie Wildtiere, Landschaft und Mensch interagieren. Das ist natürlich nicht nur wissenschaftliches Interesse, sondern auch eine vom Landesgesetzgeber definierte Aufgabe: Alle drei Jahre – oder bei besonderer Veranlassung –, so schreibt es das baden-württembergische Wildtiermanagementgesetz vor, hat die oberste Jagdbehörde einen Wildtierbericht vorzulegen.“ Seine Grundlage bilden die Ergebnisse der Wildtierforschung. Das Freiburger Institut ist hier in der Pflicht: Bei rund 60 in Baden-Württemberg heimischen Wildarten ist die Erstellung eines solchen Papiers eine geradezu herkulische Aufgabe.