Fell und Federn

| Text: Dr. Johanna Maria Arnold und Dr. Janosch Arnold |

Unsere jagdbaren Wildtierarten teilen wir in Haar- und Federwild ein, dabei liegt auf der Hand: Säugetierarten tragen Haare und Vögel Federn. Optisch unterscheiden sich Fell und Federn deutlich, dennoch sind sie aus dem gleichen Material aufgebaut. Dienen sie zwar teils den gleichen Zwecken, so sind sie doch zugleich hoch spezialisierte Anpassungen an Klimabedingungen, Lebensraum und Verhaltensweisen.

Fell und Federn – mehr als nur reine Zierde

Fell und Federn schützen Säugetiere und Vögel einerseits vor Wasser und Kälte. Andererseits statten sie die Tiere mit Farben aus, die sowohl zur Tarnung gegen Feinde als auch der visuellen Kommunikation dienen. Menschen haben sich die Felle und Federn schon seit Anbeginn ihrer Existenz zunutze gemacht, sei es aus praktischen oder auch aus ästhetischen Gründen. Auch heute noch werden Pelze genutzt und Fell und Federn als Jagderinnerungaufbewahrt oder als Accessoires geschätzt. Ein besonders attraktives oder dichtes Fell zu besitzen hat bereits viele Wildtierarten in existenzielle Bedrängnis gebracht.



Entwicklung von Fell und Federn

Federn, Fell und Schuppen bei Reptilien stammen alle von einer gemeinsamen Struktur ab, die sich im weiteren Evolutionsverlauf stark auseinanderentwickelt hat. Die heutige Vielfalt an Federn, Fell und Schuppen ist einer der Gründe, warum ihre Ursprünge für Wissenschaftler so rätselhaft sind. Es gibt fast keine bekannten Zwischenformen, die Aufschluss über ihre Verwandtschaft geben könnten. Das liegt vor allem daran, dass diese Merkmale so empfindlich sind: Während Knochen und Zähne als Fossilien erhalten bleiben können, gehen empfindliche Hautanhängsel in der Regel mit der Zeit verloren. Da es an physischen Beweisen aus der Vergangenheit mangelt, versuchen Wissenschaftler, die Gegenwart zu interpretieren. Sie untersuchen beispielsweise sich entwickelnde Embryonen, um Hinweise darauf zu finden, wie sich bestimmte Merkmale entwickelt haben. Zu Beginn der Embryonalentwicklung sehen Federnund Fell verblüffend ähnlich aus. Beide entstehen als winzige, dichte Ansammlungenvon Zellen auf der Haut, die als anatomische Plakoden bezeichnet werden. Aufgrund dieser gemeinsamen Morphologie wird angenommen, dass die Merkmale dieselben evolutionären Wurzeln haben. Dies erscheint sinnvoll, da sich Vögel und Säugetiere vor etwa 320 Millionen Jahren aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt haben. Dieser war jedoch auch der Vorläufer der modernen Reptilien. Tatsächlich sind Reptilien und Vögel viel enger miteinander verwandt als Vögel und Säugetiere. Forscher vermuten, dass es sich lohnte, in Haut oder Schuppen zu investieren, die ein vollständig terrestrisches Leben ermöglichen, da sie vor dem Austrocknen schützen. Selbst Hunderte von Millionen Jahren nachdem sich Reptilien, Vögel und Säugetiere von den ursprünglichen Amnioten abgespalten haben, verbindet sie das Ergebnis dieser Innovation (Di-Poï & Milinkovitch 2016). Ein vollständiges isolierendes Fell erschien vermutlich zuerst bei den frühesten Säugetieren, nachdem deren Vorfahren (die Therapsiden, d. h. frühe Landwirbeltiere) bereits einen säugerartigen Stoffwechsel entwickelt hatten. Die Evolution der Federn stand in keinem Zusammenhang mit der Evolution des Stoffwechsels moderner Vögel, da frühe, voll flugfähige Vögel wie der Archaeopteryx einen ektothermen Stoffwechsel (Körpertemperatur ist von der Umgebungstemperatur abhängig) beibehielten (Ruben & Jones 2004).



Sie finden den Artikel spannend und möchten ihn gern weiterlesen?
Dann lohnt es sich, das ganze Heft zu kaufen.