Feuer und Flamme

| Text: Theo Fischer |

Co je český, to je hezký – Schön ist, was tschechisch ist. So sagt es ein altes Sprichwort. Aus Tschechien kommen auch die Waffen von CZ, einem der größten Waffenhersteller weltweit. Ein Blick hinter die Kulissen führt uns in die Welt von Rübezahl, dem Berggeist des Riesengebirges, und seinem Spiel mit dem Feuer …

Česká zbrojovka Uherský Brod heißt eigentlich nichts anderes als „Tschechische Waffenfabrik in Ungarisch Furt“, und doch kommt die Langversion kaum einem deutschen Büchsenmacher über die Lippen. Der Markenname Brünner ist da schon geläufiger, wobei Brünner-Waffen bis 2004 nichts mit CZ zu tun hatten.

Die heutige Fabrik wurde 1936 im Südosten Mährens aus strategischen Gründen so weit vom Dritten Reich entfernt gegründet wie nur möglich. Da verwundert es nicht sonderlich, dass die Modellhistorie mit einem Flugzeug-Maschinengewehr beginnt. Das ganze Fabrikgelände wurde als Schutz vor deutschen Bombern so angelegt, dass aus der Luft der Eindruck einer idyllischen Kleinstadt entstand.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Fabrik wie alle größeren Betriebe unter sowjetischer Okkupation verstaatlicht. In den Zeiten des Eisernen Vorhanges entstanden dennoch einige der berühmtesten Waffenmodelle weltweit. Die Scorpion-Maschinenpistole in 7,65 Browning wurde und wird von vielen Spezialeinheiten des ehemaligen Ostblocks genutzt. Das legendäre Sturmgewehr VZ. 58 ist auch bekannt als die „bessere AK 47“. Mit diesem qualitativ viel hochwertigeren Gewehr mit technischen Raffinessen war die Tschechoslowakei der einzige GUS-Staat, der nicht die sowjetische Kalaschnikow nutzte. Bis heute lebt die Legende der VZ. 58 im aktuellen Bond-Film weiter.

Gekrönt wurde die Modellfamilie 1975 mit der bis heute allgegenwärtigen CZ 75, einem der meistkopierten Pistolenklassiker. Die Sportvarianten der CZ 75 befinden sich bis heute mit verdienter Kontinuität auf den Spitzenplätzen der Weltranglisten. SP-01, Shadow 2 und TS 2 eröffnen mittlerweile eigene Sportpistolenklassen für weltweit beliebte Racingdisziplinen.

Nach der Samtenen Revolution im Jahre 1989 wurde das Unternehmen 1992 privatisiert und stellt seitdem auch Komponenten für die Luftfahrt- und Autoindustrie her. Es folgte 2004 die Fusion mit Zbrojovka Brno, in Deutschland auch bekannt als „Brünner“. Die Tochtergesellschaft BRNO fertigt mittlerweile die Kipplaufwaffen der CZ Group. Seit der Privatisierung expandiert CZ nicht nur in neue Märkte auf dem ganzen Globus, sondern übernimmt auch namhafte Waffenfabrikanten wie Dan Wesson Firearms und, Anfang vergangenen Jahres, Colt. Weitere Produktionsstätten von CZ wurden in Peru und Kansas, USA, aufgebaut. Heute ist CZ ein globaler Riese in den Sparten Jagd, Sport und Militär. Durch Tochtergesellschaften wie 4M Systems tritt CZ auch als Systemausstatter auf. Meopta und Sellier & Bellot gehören übrigens nicht zur CZ-Gruppe.

FabrikaCZion

Das Werk von CZ ist riesig. Nicht nur aus der Luft mit einer Kleinstadt zu verwechseln, ist man ohne ortskundigen Führer schnell verloren in den Weiten der schier endlosen Fabrikhallen. Einzigartig für Waffenfabriken weltweit ist die absolute Fertigungstiefe von 100 %. Tatsächlich alle Teile können im eigenen Werk hergestellt werden. Besonders eindrucksvoll wird einem dies in der werkeigenen Gießerei vor Augen geführt. Zunächst entstehen hier alle Teile, z. B. ganze Pistolengriffstücke, täuschend echt aus einem grünen kunststoffähnlichen Wachs, fast wie unechte Spielzeugkopien. Diese Klone werden in mehreren Stufen mit einem Zuckerguss aus Keramik überzogen. Diese Keramikumhüllungen werden zunächst in einem Ofen gebrannt und erlangen damit ihre Reife für den Guss. Der Guss selbst ist ein spektakuläres Schauspiel, ein Spiel mit dem Feuer, als wäre der tschechische Nationalmythos Rübezahl höchstpersönlich am Schmelztiegel zugange. Die ansonsten eher finster anmutende Gießerei versprüht die Aura einer verwunschenen Hexenküche des sagenumwobenen Berggeistes. In einem großen Bottich brodelt die gleißend glühende Schmelze, der Zaubertrank jeder exzellent performenden Sportwaffe von CZ. Mit überlegt getakteter Eile und einem dosiert virtuosen Ausgießen des Schmelztiegels wird den leblosen steinernen Gussformen die Seele der Präzisionswaffen eingehaucht. Brennende Hitze schlägt einem auf die Stirn, während der Stahl geschmeidig wie Sahne in die Gesenke fließt. Derweil wird die Geburt der Waffengehäuse von einem Feuerwerk blitzenden Funkenschlags begleitet. Erstaunlich präzise kommen die abgekühlten Teile aus dem Feinguss.

Dennoch werden die Systemteile in präziser Handarbeit aufeinander eingepasst. In einem anderen Teil des Werkes agieren derweil ununterbrochen vollautonome Roboter an den Fräsmaschinen unter höchsten Prozessqualitätsanforderungen. Auf den Punkt gebracht, steckt in jeder CZ-Waffe eine Symbiose aus Hightech, Magie und Handarbeit.

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