Flauschiger Zeppelin

| Text: Gabriele Metz |

So behäbig, wie sie aussehen, sind sie eigentlich gar nicht. Hummeln sind trotz widriger anatomischer Verhältnisse wahre Flugkünstler. Und das ist nicht die einzige Besonderheit, mit der die faszinierenden Wildbienen zu verblüffen wissen.

Sie schweben behäbig durch die Lüfte, und ihr flauschiger Pelz lädt geradezu zum Kuscheln ein. Doch das lassen wir lieber, auch wenn die charmanten Brummer den Wehrstachel nur im äußersten Notfall ausfahren. Nicht nur dank ihrer ansprechenden Optik gehören Hummeln zu den Insekten, die Gartenfreunde gerne in ihrem grünen Reich begrüßen. Die pummeligen Zeppeline nehmen zugleich eine wichtige Rolle als erste Bestäuber des Jahres ein und tragen so zum Artenerhalt vieler Pflanzen und Obstbäume bei. Allerdings fühlt sich Bombus nur in vielseitig gestalteten Gärten wohl. Offensichtlich mangelt es vielerorts an Abwechslung. Denn mehrere Hummelarten sind bereits akut vom Aussterben bedroht. Dazu tragen allerdings nicht nur eintönige Gärten, sondern auch weitere Faktoren bei. Dazu später mehr. Die gute Nachricht: Geschützt sind alle Hummelarten. Und das sind weitaus mehr als die eher häufig anzutreffenden Arten im heimischen Garten. Allein in Deutschland unterscheiden wir mindestens 36 verschiedene Hummelarten, von denen jedoch nur die folgenden sechs Arten noch recht häufig vorkommen:

  Gartenhummel (Bombus hortorum)
  Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris)
  Baumhummel (Bombus hypnorum)
  Wiesenhummel (Bombus pratorum)
  Steinhummel (Bombus lapidarius)
  Ackerhummel (Bombus pascuorum)

Der stete Rückgang der Heide- und Moorlandschaften bedroht insbesondere die Heidehummel (Bombus jonellus). Auch Kleewiesen sind inzwischen vielerorts ein seltenes Gut, was dramatische Folgen für viele ohnehin bereits seltene Hummelarten nach sich zieht.

Massensterben unter Linden

Auch das alljährliche Massensterben von Hummeln, das vor allem unter Linden beobachtet wird, gefährdet den Fort-bestand der freundlichen Brummer. Hintergrund dieses Phänomens ist der Nektarmangel im Hochsommer, der mit sterilen Gärten, kargen Grünanlagen und einseitigen Landschaften im Zusammenhang steht. Linden sind eine der letzten Nektarquellen, die Hummeln im Hochsommer anfliegen. Doch leider reicht der Zuckergehalt der Sommer-linde allein nicht aus, um das Überleben der ausgehungerten Insekten zu sichern.

Honigbienen können Hummeln mit Virus infizieren

Eigentlich gehören Hummeln zu den robusten Insekten-arten. Die Betonung liegt hier auf „eigentlich“, denn es gibt Gefahren, denen die mit einem Wehrstachel ausgestatteten Brummer einfach nichts entgegenzusetzen haben. So machen ihnen Agrargifte wie Neonicotinoide und Glyphosat heftig zu schaffen. Auch das von Honigbienen auf Wild-bienen wie etwa Hummeln übertragene Flügeldeformationsvirus richtet Schaden an. Seitdem es zudem eine neue Variante dieses wissenschaftlich als Deformed Wing Virus (DWV) bezeichneten Virus gibt, verschärft sich die Situation zunehmend. Das hochansteckende Virus befällt Honigbienen, deformiert ihre Flügel und führt schließlich zum Tod. Das Krüppelflügelvirus gilt weltweit als größte Bedrohung für Honigbienen. Die neue Virusvariante wurde allerdings auch bereits in Proben bei Erdhummeln nachgewiesen. Ob die Bedrohung für diese ebenso fatale Folgen hat wie für die Honigbienen, wird sich zeigen. Sicher ist, dass das Virus den Wirt wechseln kann, sobald Honigbiene und Hummel dieselbe Pflanze nutzen.

Schäden durch Zuchthummeln

Der Handel mit Zuchthummelvölkern wird seit einigen Jahren von der Europäischen Union reglementiert, und das aus gutem Grund. In fremde Ökosysteme eingebrachte Hummeln haben nämlich bereits große Schäden verursacht. In Nordamerika kam es beispielsweise zum Verschwinden von mit der Dunklen Erdhummel verwandten Hummelarten aufgrund zu starker Konkurrenz und der Übertragung von Krankheiten. Die Zucht von Hummelvölkern ist seit den 1980er-Jahren ein lukratives Geschäft. Europäische Züchter verkaufen schätzungsweise über eine Million Völker pro Jahr. Diese kommen unter anderem bei der Bestäubung von Tomaten, Paprika und Erdbeeren zum Einsatz. Hummeln sind besonders beliebt, weil sie schneller und länger arbeiten als Honigbienen – und das auch bei kühlen Wetterlagen.

Aus Liebe zur Hummel

All das ist sicherlich Grund genug, sich für Hummeln stark zu machen, selbst wenn sie keinen Honig liefern. Ein naturnah gestalteter Garten mit zahlreichen Wild- und Zierpflanzen ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der friedliebenden Insekten. Der Verzicht auf Pestizide und ein einladendes Angebot an Nistplätzen sind ebenfalls dringend erforderlich, um Bombus ein lebenswertes Umfeld zu bieten. Folgende Wildblumen und heimische Pflanzenarten sind ganz nach dem Geschmack der Hummeln:

  Brombeeren (Rubus sectio Rubus)
  Himbeeren (Rubus idaeus)
  Kugeldistel (Echinops)
  Holzapfel (Malus sylvestris)
  Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus)
  Wiesenklee (Trifolium pratense)
  Weißklee (Trifolium repens)
  Hornklee (Lotus corniculatus)
  Besenheide (Calluna vulgaris)
  Graue Heide (Erica cinerea)
 Gewöhnlicher Natternkopf (Echium vulgare)
  Flockenblumen (Centaurea)

Wahre Kunstwerke

Nistplätze sind ebenfalls wichtig für den Fortbestand der Hummel. Im natürlichen Umfeld sind es vor allem Trockenmauern, Mauerritzen, Steinhaufen, Erdhöhlen, Mäuselöcher und Haufen aus Totholz, die hervorragende Bedingungen bieten. Auch künstliche Nisthilfen, die man beispielsweise in Mauern einlässt, werden gerne angenommen. Junge Hummelköniginnen machen sich bereits zu Beginn des Frühjahrs auf die Suche nach einem geeigneten Nistplatz. Wer genau hinhört, vernimmt womöglich das tiefe Brummen der dicht über dem Boden fliegenden Königinnen. Ob sich der Nistplatz letztendlich unterhalb oder oberhalb des Erdbodens befindet, hängt von der jeweiligen Hummelart ab.

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