Forge Hunt – Stijn De Grijse setzt auf Pragmatismus und Haltbarkeit

| Text: Gabriele Metz |

Handwerk und Passion verschmelzen, wenn sich der belgische Messermacher Stijn De Grijse ans Werk macht. Dabei verwirklicht er seinen Lebenstraum, multifunktionale und zugleich erschwingliche Jagdmesser zu fertigen.

Das Projekt Forge Hunt startete 2017, und das aus einem ganz besonderen Anlass heraus. „Ein enger Freund war auf der Suche nach einem Jagdmesser, aber er fand ganz einfach nicht das, was er suchte: ein schönes, hochwertiges Messer zu einem vernünftigen Preis“, erinnert sich Stijn De Grijse. Er selbst kannte dieses Problem bereits. „Da ich selbst lange vergeblich nach einem Messer gesucht hatte, das wirklich alle Anforderungen eines multifunktionalen Jagdmessers erfüllt, beschloss ich, selbst aktiv zu werden. Ich fertigte mein erstes Messer und gab es meinem Freund. Ich muss rückblickend allerdings zugeben, dass es sich dabei um ein recht grob gefertigtes handelte“, schmunzelt der 36-Jährige. Doch es sei schwierig, in Belgien überhaupt einen guten Messermacher zu finden. Ihre Anzahl sei nach wie vor überschaubar klein. Ihn selbst packte damals der Ehrgeiz, das bestmögliche Jagdmesser zu kreieren, und er blieb dran. „Viele Messer sehen einfach nur gut aus, erfüllen bei der Jagd aber nicht ihren Zweck. Das wollte ich ändern“, sagt Stijn und ging das Projekt beherzt an.

In dieser Entscheidung steckte zudem tatsächlich jede Menge Herzblut. Denn – wie der Belgier überzeugend versichert – das Messermachen ist die einzige berufliche Tätigkeit, die ihm wirklich Freude bereitet. Dazu gehört auch der Prozess, das gefertigte Messer seinem neuen Besitzer zu übergeben. Ein Moment, der den Belgier rundum glücklich macht. Schließlich weiß er, dass dieses Messer zukünftig wertvolle Dienste leisten wird. Für den geschickten Handwerker und passionierten Jäger erwies sich dieser Lebensschritt als logische Konsequenz der Verschmelzung von Handwerk und Passion.

Gesparte Arbeitszeit

„Es gibt zwei Methoden, Messer herzustellen: Man kann sie traditionell schmieden, was allerdings oft eine äußerst kostenintensive Lösung ist. Und dann gibt es meine bevorzugte Methode: das sogenannte Abtragen beziehungsweise die Bestandsentfernung. Inzwischen gibt es neue Stahlsorten, die sich als überaus hochwertig erweisen, ohne weitere mechanische Veränderungen – wie zum Beispiel den Schmiedevorgang – erforderlich zu machen. Diese Metalle werden blattweise geliefert. Ich kann eine Computersteuerung verwenden, um den Umriss der Klinge festzulegen und dann entsprechend zu schneiden. Das reduziert die Arbeitszeit und ermöglicht somit auch einen niedrigeren Verkaufspreis“, erklärt Stijn.

Alles beginnt also mit einem Stahlblatt. Dann wird die Klingenform mit Laser festgelegt. Nach dem Ausschneiden – beispielsweise mithilfe eines Winkelschleifers mit Trennscheibe – erfolgt die Glättung der Kanten mit einer Schleifscheibe oder einem Bandschleifer. „Die weitere Formung erfolgt mit einem Bandschleifer und einem Schleifmittel mit 600er-Körnung. So verschwindet die Markierungskontur und schafft Raum für ein schönes Finish“, präzisiert der Messermacher. Nachdem die Löcher gebohrt und die Stifte zur Befestigung des Griffs geschnitten sind, erfolgt die Wärmebehandlung, dann die Abkühlung. Anschließend bearbeitet der Messermacher die Klinge mit einem Flachschleifer und verwendet dabei eine 2 500er-Körnung für ein optimales Polierergebnis. Die Abschrägungen werden manuell geschliffen. Abschließend erfolgt die manuelle
Politur der Klinge, bevor sie an den Messergriff angepasst wird.

25 Stahlsorten ausprobiert

Stijn De Grijse arbeitete mit 25 verschiedenen Stahlsorten, bis er endlich den Stahl fand, der ihm zusagte. „Dieser lange Weg erwies sich als unumgänglich. Ich wollte herausfinden, was es heute alles auf dem Markt gibt. Nach der Wärmebehandlung erkannte ich sehr schnell, dass einige Stahlsorten einen guten Härtegrad, aber nicht ausreichend Stabilität aufweisen. Das resultiert wiederum in einer Schärfe, die der einer Rasierklinge gleicht, geht aber auch mit einer hohen Anfälligkeit für Bruch und Absplittern einher“, erklärt der Belgier.

Was einen Stahl zum perfekten Stahl macht, hängt – laut Stijn – nicht zuletzt auch vom geplanten Einsatzbereich des Messers ab. So brauche ein japanisches Chefmesser einen hohen Härtegrad, weil Messer dieses Typs vor allem zum Schneiden von Fisch verwendet werden. „In Fisch gibt es nun mal keine großen, harten Knochen, die ein Absplittern des Stahls verursachen könnten“, erklärt der Messermacher. Andere Messer, wie sein bevorzugtes Modell „Deerstalker“, seien auch rasierklingenscharf, aber zudem extrem robust.

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