„Ich möchte die Hoffnung nicht aufgeben“ – Bernd Pöppelmann setzt das Miteinander von Natur und Mensch voller Nachdenklichkeit in Szene

| Text: Gabriele Metz |

Seine beeindruckendste Begegnung mit einem Wildtier ereignete sich in Kanada. Hasen versetzen ihn in eine besondere Gefühlslage. Und der schwindende Kontakt zur Natur innerhalb der Gesellschaft bereitet ihm Sorge – ebenso wie die
Bedrohung der Biodiversität. All das – und noch weitaus mehr – verarbeitet der in Burgsteinfurt lebende Künstler Bernd Pöppelmann (79) in seinen Werken. HALALI-Redakteurin Gabriele Metz sprach mit dem Mann, der noch immer gerne an die wiederholten Begegnungen mit der Schimpansenforscherin und UN-Friedens-botschafterin Jane Goodall zurückdenkt.

Das Miteinander von Natur und Mensch ist ein zentrales Thema Ihrer Arbeiten. Wann wurde bei Ihnen die Liebe zur Natur und zu deren Geschöpfen geweckt? Wann entdeckten Sie Ihre künstlerische Begabung, und wie haben Sie diese geformt?

In den ersten Schuljahren wurde mir im Vergleich mit anderen Kindern meine Begabung im Zeichnen bewusst. Im Alter von zwei Jahren – ich mag es kaum erwähnen – hat meine Mutter mich mit der Schürze an einen Stuhl gebunden, einige Blätter Papier vor mich auf den Tisch gelegt und mir einen Bleistift in die Hand gedrückt, wenn sie im nahe gelegenen Kaufladen einkaufen musste. Mein Vater war ja arbeiten. Heute erweckt dieses Vorgehen Unverständnis, aber man bedenke, es war drei Jahre nach dem Krieg! Ich war immer sehr quirlig. Wenn ich aber malte, anfangs meist Hühnerküken mit einfachen Mustern und Formen, saß ich ruhig vor meinem Skizzenblatt, wie meine Mutter später erzählte. Meine Leidenschaft lag immer eindeutig auf Tier und Natur, in der Schulzeit wurde auch schon mal ein Lehrer am Rand der Schulhefte skizziert.

Man kann sagen: Ich habe nie aufgehört zu zeichnen oder zu malen. Später lernte ich Künstler kennen, die mich mit in ihre Ateliers genommen haben. Hier erfuhr ich mehr als aus den vordem gelesenen Büchern.

Gibt es ein Wildtier, das Sie besonders stark beeindruckt?

Die Beobachtung von Hasen macht mir immer eine besondere Freude, vor allem, wenn während der Paarungszeit Gruppen zusammenkommen, wenn sich die Tiere gegenseitig jagen und ritualisierte Kämpfe zu sehen sind. Auf Beizjagden mit dem Habicht oder dem Adler konnte ich mehrmals beobachten, wie der verfolgte Hase den Beizvogel an sich herankommen lässt, im letzten Moment hochspringt, über den Kopf des Angreifers hinweg, und anschließend davonrennt, während der Beizvogel noch verdutzt auf dem Acker sitzt. Sein typisches Verhalten, sich in der Sasse zu drücken, bis man kurz vor ihm steht, konnte ich einige Male für Skizzenarbeiten nutzen.

Welches war Ihr prägendstes Erlebnis mit einem Wildtier?

Das eindrucksvollste und prägendste Erlebnis mit einem Wildtier war in Kanada auf einer Elchjagd in British Columbia in der Nähe von Whitehorse. Auf einer der Jagden lief ich mit dem kanadischen Jagdführer Heinz Weigelt und dem damaligen Chefredakteur von „Wild und Hund“, Rüdiger Klotz, tagelang durch die Wildnis, bis es Rüdiger gelang, einen riesigen Elch zur Strecke zu bringen. Es war mir unbegreiflich, wie man mit einem kleinen Messer so ein riesiges Tier zerteilen konnte. Nicht minder eindrucksvoll war Tage später der Ritt in die Berge auf der Suche nach Schneeziegen. Das Reiten war meine Jugendleidenschaft gewesen, da ich es aber mittlerweile nicht mehr gewohnt war, schmerzten meine Beine so sehr, dass es die wunderbaren landschaftlichen Anblicke nur noch halb so genussvoll machte. Auf halber Höhe legte sich Nebel wie ein grauer Schleier über die Landschaft, und das Bild der an Krüppelkiefern angebundenen Pferde im leichten Nebel ist mir noch immer im Gedächtnis.

Sie legen Wert darauf, Wildtiere in ihrem natürlichen Habitat zu beobachten, um ihr Verhalten und ihre Bewegungen aus nächster Nähe zu studieren. Erzählen Sie uns von Ihren bemerkenswertesten Reisen und darüber, was Sie dort erlebt haben.

Die 1990er-Jahre waren für mich ein Jahrzehnt der Reisen. Es fällt mir schwer, einige davon hervorzuheben, weil alle Reisen einen besonderen Reiz boten. In Russland waren es die schneebedeckten Landschaften mit ihren tiefvioletten Schatten, wie sie hier nie zu sehen sind, die mir besondere Freude bereiteten und zum Malen einiger Motive Anlass gaben, oder in England war es eine Pirsch auf Muntjak, immer war es für mich ein Ereignis, andere Regionen oder das ein oder andere Wildtier zum ersten Mal zu entdecken. Ein besonderes Erlebnis ereignete sich 2017, als ich von der internationalen Organisation „Artists for Nature Foundation“ eingeladen wurde, mit etwa 20 Künstlern aus aller Welt in Jordanien und Israel unter freiem Himmel für eine Buchpräsentation zu malen, mit der auf das Sinken des Wasserspiegels des Toten Meeres hingewiesen werden sollte. An einem Tag blieb ich in Ein Gedi, während die anderen Künstler zum Toten Meer fuhren. Ich hatte tags zuvor einen Nubischen Steinbock auf der Fahrt zur Hotelanlage gesehen und war begierig darauf, am nächsten Tag diese Steinböcke mit ihren markant gezeichneten Beinen zu erspähen. Sechs Jahre lang malte ich vordem mit anderen Künstlern aus aller Welt bis 2020 für den omanischen Sultan Qabus bin Said verschiedene Wildtiere wie Leopard, Karakal oder die Arabische Oryx. Nubische Steinböcke jedoch hatte ich bis dahin in der Wildnis noch nicht gesehen. Die Vorlagen für Nubische Steinböcke nahm ich damals von Skizzen und Fotos einheimischer Steinböcke und wandelte diese dann ab. Morgens lief ich also zu den nahe gelegenen Felsformationen in der Hoffnung, Nubische Steinböcke zu Gesicht zu bekommen. Nach etwa einer Stunde lösten sich kleinere Steinbrocken vom Hang, und drei Steinböcke liefen majestätisch den Berg hinunter, um von den saftigen Pflanzen in der tiefer liegenden Vegetation zu kosten. Zwei Stunden lang konnte ich etliche Studien von ihnen erstellen, bevor sie wieder bergaufwärts verschwanden.

Ein Highlight der besonderen Art war der Anblick von balzenden Kragentrappen in der Wüste Negev aus einem dauerhaft abgestellten Eisenbahnwaggon als Beobachtungsposten. Doch schon bald bekam die Gruppe Besuch von einer jungen Soldatin und ihrem Begleiter, die „nach dem Rechten“ sehen wollten. Auch eine Reise mit meinem Schwager Peter durch Tunesien zu einem Reservat im südlichen Zipfel des Landes wurde zu einem besonderen Erlebnis. Das Reservat beherbergte die seltenen weißen Säbel- und Mendesantilopen. Die Behörde stimmte unserem Besuch nur zu, weil wir angaben, den Reservatsleiter zu kennen. Dieser war Deutscher und befand sich zu dieser Zeit in seiner Heimat, wie wir vorher erfahren hatten. Viele Jahre waren afrikanische Tiere nach meinem Aufenthalt auf der südafrikanischen Farm des damaligen Großwildjägers Jürgen Jösch von mir geschätzte Motive, zumal sie oft Anlass dazu gaben, großformatig zu malen. Groß war die Freude, als Jürgen Jösch mich später einmal auf der Messe „Jagd & Hund“ in Dortmund besuchte. Ich genoss die Auslandsaufenthalte, die mir einzigartige Begegnungen mit exotischen Tieren ermöglichten.

Wenn ich dann aber wieder zu Hause in heimischen Revieren war, durch die üppige Natur des Münsterlandes streifte und Feldlerchen oben am Himmel ihr Lied singen hörte, das „Meckern“ der Bekassinen in der Luft vernahm, balzenden Kiebitzen und den rasant fliegenden Uferschnepfen im Frühjahr zusah, war ich glücklich.

Sie haben die Schimpansenforscherin und UN-Friedensbotschafterin Jane Goodall kennengelernt. Wie empfanden Sie das erste Treffen mit dieser außergewöhnlichen Frau, und inwieweit prägten die Begegnungen mit ihr Ihre Kunst?

Jane Goodall traf ich zum ersten Mal 2002 im Messe und Congress Centrum Halle Münsterland. In der voll besetzten Eventhalle überreichte ich ihr ein großes Schimpansengemälde. Der Erlös kam dem Jane Goodall Institut, einer gemeinnützigen Organisation, die Umwelt- und Artenschutz mit sozialen Projekten verbindet, zugute. Die Ausstrahlung dieser „kleinen“ Frau war so gewaltig, dass ich kaum einen Ton herausbrachte. 2009 traf ich sie im Allwetterzoo Münster zum zweiten Mal. Sie sagte zu, ein Vorwort für das im selben Jahr erscheinende Buch „Bernd Pöppelmann“ von Claus Rabba zu schreiben. Von diesem schönen Vorwort, das mehrere Seiten umfasst, war ich sehr ergriffen. Nun wurde mein Wunsch gestärkt, meine Arbeit mehr und mehr dem Vorhaben zu widmen, Menschen mittels der Malerei auf unsere bedrohte Natur aufmerksam zu machen. Vor allem das Verschwinden der Tiere in der Feld-region ist für mich ein fühlbarer Verlust. Meine Motive verschwinden zusehends! Die Ignoranz in der Politik macht mich wütend. Zwar hat man immerhin erkannt, dass die Klimakrise uns Menschen zusetzt, aber selten findet das Artensterben Eingang in die Politik. Dabei ist die Verringerung der Artenvielfalt etwas, das uns Menschen selbst später in einem viel stärkeren Maß treffen wird. Es gibt genügend Bücher von ernst zu nehmenden Wissenschaftlern, die begründen, warum diese Bedrohung unsere Existenz weit mehr als die Klimakrise gefährdet. Ich wollte meine Ansichten in einem Buch zu Papier bringen, aber ich bin kein Schriftsteller. Also sprach ich Wissenschaftler, Journalisten, Künstler und Fotografen an. Nach einem Jahr hatte ich 45 schriftliche Beiträge zusammen, etwa zehn Künstler und zehn Fotografen hatten mir ihr Einverständnis erteilt, ebenfalls ihren Beitrag dazu zu leisten. Nach drei Jahren war das Layout des Buches endlich fertig, und es konnte gedruckt werden. Aber es fehlte mir noch ein Vorwort einer bekannten Persönlichkeit, um das Buch noch attraktiver zu machen. Harald Lesch, Ranga Yogeshwar, Dirk Steffens, Eckart von Hirschhausen und andere wurden angeschrieben, aber niemand reagierte. Da kam mir der Zufall zu Hilfe: Vom Jane Goodall Institut in München wurde ich zu einem „Evening of Hope“ eingeladen. Jane Goodall gab wiederum ihr Einverständnis, ein kurzes, eindringliches Vorwort zu schreiben, und so ist 2023 das Buch „Time over“ im Tecklenborg Verlag erschienen. Resümee des Buches: Für das Überleben der Menschheit ist es unverzichtbar, Land zukunftsfähig zu bewirtschaften und dabei die Biodiversität zu fördern. Hoffnung geben einige Initiativen, wie z. B. das Projekt „Summendes Rheinland“, bei dem Naturschützer und Landwirte gemeinsam an einem Strang ziehen. Auch Jäger sind häufig involviert.

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