Keine Angst vor Gewitter

| Text: Gabriele Metz |

Der Hohle Lerchensporn ist ganz schön giftig, und doch birgt er auch viele gute Eigenschaften. Er ist wunderschön anzusehen, steht bei Hummeln und Ameisen hoch im Kurs, und aufgrund seiner Heilkräfte galt er lange als traditionelle Heilpflanze.

Sein Nektar ist so schmackhaft, dass Hummeln den Sporn des Hohlen Lerchensporns kurz entschlossen lochen, um sich daran zu laben. Ihnen fehlt nämlich der lange Rüssel, den Insekten brauchen, um auf konventionellem Weg in den langen, am Ende gekrümmten Sporn zu gelangen. Langrüsseligen Bienen gelingt dies, und dabei kommt es auch zur erfolgreichen Bestäubung der heimischen Wildpflanze. Beim Hummelflug bleibt diese aus, was jedoch die Ameisen wieder wettmachen. Sie schätzen die Ölkörperchen, die nährstoffreichen Anhängsel der Lerchenspornsamen, und transportieren diese in ihre Bauten, um sie dort zu verzehren. Auf diese Weise verbreiten sie die Samen und sichern zusätzlich den Fortbestand der traditionellen Heilpflanze, die mehr als 20 verschiedene Alkaloide enthält, aber heute kaum noch medizinische Verwendung findet.

Allen voran Bulbocapnin, das schmerzstillend und beruhigend wirkt. Allerdings nur in der entsprechend geringen Dosis, denn überdosiert führt es mitunter zu Katalepsie, dem unkontrollierbaren Verharren innerhalb einer Bewegung, oder gar zu einem Stupor, einem Zustand vollständigen Bewegungsverlusts bei wachem Bewusstsein. Corydalin und Corydin sind Bestandteile der Schmerzmittelforschung und werden auf ihre antivirale und antiallergische Wirksamkeit untersucht. Auch Tetrahydropalmatin ist im Hohlen Lerchensporn vorhanden. Es galt als Alternative zu Mitteln, die der Beruhigung und der Lösung von Ängsten dienen.

In vergangenen Jahrhunderten setzte man den Hohlen Lerchensporn unter anderem zur Unterstützung der Menstruation, als Wurmkur und – aufgrund seiner sedierenden Wirkung auf das zentrale Nervensystem – auch als Betäubungsmittel ein. Darüber hinaus schätzte man seine schweiß- und harntreibende Wirkung. Er kam bei der Wundheilung sowie bei der Behandlung von Gelbsucht und Vergiftungen zum Einsatz. Sogar die Pest versuchte man mit der giftigen winterharten Pflanze zu bekämpfen. Schwellungen der Mandeln, Hämorrhoiden und auch mangelndes Erinnerungsvermögen riefen den Hohlen Lerchensporn auf den Plan. Und obwohl er eigentlich eine europäische Pflanze ist, reicht sein Ruf bis nach China, wo man Corydalis cava als Schmerz- und Beruhigungsmittel, bei Schlafstörungen und Kopfschmerzen sowie bei Gelenk- und Nervenschmerzen einsetzt.

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