Kleinod Krieghoff Hightech, Holz und Handwerkskunst

| Text: Theo Fischer |

Der Name Krieghoff hat einen guten Klang in der Jägersprache. Aber auch unter den olympischen Flintenschützen mischt die Firma an der Weltspitze mit. Wir besuchten das Ulmer Traditionsunternehmen und fanden Tradition und Moderne in gleichsam perfekter Symbiose vor.

Eines verbindet alle renommierten Hersteller klassischer Jagdwaffen in Deutschland: So wie jedes Märchen mit „Es war einmal“ beginnt, so liegt der Ursprung aller handwerklich geprägten Waffenmanufakturen in Suhl. Warum sollte das bei Krieghoff auch anders sein. 1886 gründet Ludwig Krieghoff dort die „Sempert & Krieghoff Gewehrfabrik“. Von Anfang an verschreibt sich Krieghoff der Prämisse, klassisches Jagdwaffenhandwerk mit neuester Technologie zu verpaaren. So führt die Firma bereits 1925 Dural, eine besonders harte Aluminiumlegierung, als Werkstoff für Baskülen ein. Schon bald darauf wird der erste Handspanner vorgestellt. Nach den Kriegsjahren, die durch NS-auferlegte Militärwaffenproduktion gekennzeichnet war, wagte Heinrich Krieghoff 1950 den Neubeginn mit nur 13 Mitarbeitern in Ulm. Das alte Werk in Suhl wurde völlig zerstört und letztlich gesprengt. Zu groß war wohl die Angst der Alliierten vor dem Wiederaufleben der deutschen Rüstungsmaschinerie. 1957 beginnt schließlich mit der Einführung des Modells K-32 die Ära der Sportflinten für die internationalen Top-Schützen.

Die K-32 erkennt man schon von Weitem an ihrem eigentümlichen Verschluss mit einem sich nach hinten öffnenden Baskülendeckel, der das Laufbündel freigibt. Dieses Prinzip wurde bereits im frühen 20. Jahrhundert in Frankreich konzipiert und später bei Remington-Flinten weiterentwickelt. Doch erst bei Krieghoff gelang dem System der Durchbruch auf das olympische Siegertreppchen.

Bis heute nehmen die Sportflinten in der Fertigung des Ulmer Traditionsbetriebes eine wesentliche Rolle ein. Die Nachfolgemodelle K-80 und ihre kleine Schwester K-20 finden sich hier in allen nur denkbaren Ausführungen von sportlich-schlicht mit schwarzem Systemkasten und unscheinbarem Schaft bis hin zur durchgängig gravierten Luxusflinte mit langen Seitenplatten, edlen Schafthölzern, speziellen Visierschienen und skelettiertem Abzugszüngel. Unverkennbar bleibt nur das Design der solide ausgelegten Basküle. Wer als ambitionierter Flintenschütze ganz vorn auf internationalen Wettbewerben dabei sein will, ist zweifelsohne mit der K-80 exzellent beraten. Das hat bereits eine ganze Reihe von olympischen Goldmedaillengewinnern bewiesen. Hier ist der Maßschaft dann auch eher die Regel als die Ausnahme. Die individuelle Körpergeometrie des Schützen wird nach dem eigens entwickelten „Krieghoffschen Maßschaftverfahren“ in eine ergonomisch maßgeschneiderte Schaftgestaltung transformiert. Gerne darf es auch noch das ein oder andere Extra, der individuelle Akzent in Form von Gravuren und hochwertigen Holzklassen sein, der die Handschrift seines neuen Besitzers erkennen lässt.

Neben erstklassigen Flinten bietet Krieghoff auch ein breites Portfolio an klassischen Kipplaufwaffen. Angefangen bei filigranen Kipplaufbüchsen mit Achtkantlauf legt man hier großen Wert auf handwerkliche Exzellenz. Die Modelle basieren nicht auf einem gemeinsamen Baukasten, sodass jedem Waffentyp ein eigens entworfenes Design zukommt. Während die Kipplaufbüchse schlank und schmal ausgelegt ist, findet man bei den Doppelbüchsen einen Ethos imperialer Etikette. Die Drillinge sind wiederum kräftig, aber zugleich sehr wandlungsfähig konzipiert. Hier kann man auch zwischen fest verlöteten und thermostabilen Laufvarianten auswählen. Auch ausgefallene Kombinationen wie Büchsflinten, Doppelbüchsdrillinge und Bergstutzen sind ein fester Bestandteil der Produktpalette bei Krieghoff.

Bemerkenswert ist die Repetierbüchse Semprio. Während sich die meisten Waffenhersteller seit mittlerweile 140 Jahren mit der Erfindung alter Fahrräder mit neuem Sattel nach dem Mauser-Prinzip beschäftigen, hat sich Krieghoff entschlossen, die Funktionalität der Repetierbüchse gänzlich neu zu überdenken. Man erkannte, dass das Umgreifen zum Kammerstängel und die Bewegung des Verschlusses zum Gesicht hin äußerst störend für die Schussergonomie sind. Aus diesen und vielen weiteren Erkenntnissen entstand so das Funktionsprinzip eines invertierten Vorderschaftrepetierers. Nicht der Verschluss wird in der Systemhülse repetiert, sondern die Systemhülse samt Lauf wird über den Verschluss bewegt. Folglich kann die Waffe ohne Umgreifen nachgeladen werden, wobei das schießende Auge immer im Ziel bleiben kann. Weiterhin überzeugt das Gewehr mit einer leicht zu bedienenden Handspannung, einem soliden Stahlblechmagazin, Laufwechselmöglichkeiten über alle Kalibergruppen sowie echten Take-down-Fähigkeiten für die Jagdreise. Selbst beim Hinterschaft erfrischt die neuartige Sempriobacke das üblicherweise konservative Antlitz althergebrachter Schaftformen. Die Semprio ist zwar nicht die meistverkaufte Waffe am Markt, aber zweifellos eine der innovativsten Jagdwaffen des 21. Jahrhunderts.

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