Mal minimalistisch, mal verschwenderisch

| Text: Gabriele Metz |

Es ist die Begeisterung für Brauchtum, Tradition und Landleben, die sich in den künstlerischen Werken Heike Rupprechts spiegelt. Dabei verschmelzen Gegensätze wie das Derbe und die Schönheit der gewählten Motive zu einer faszinierenden Einheit. HALALI-Redakteurin Gabriele Metz sprach mit der im Rheingau lebenden Malerin und Illustratorin, deren jagdliche Passion ebenso ausgeprägt ist wie die Liebe zur Kunst.

Sie sind Malerin und Illustratorin. Liegt Ihnen einer dieser beiden Bereiche mehr am Herzen als der andere?
Nein. Obschon zwei ganz unterschiedliche Arten der Darstellung, ist es für mich künstlerisch genauso reizvoll, ein Gemälde zu erschaffen, das seinen Platz wahrscheinlich als Teil der Raumgestaltung finden wird, wie auch eine Illustration zu entwerfen, die durch gezieltes Einsetzen stilistischer Mittel die Blicke auf sich zieht und beispielsweise ein Produkt bewirbt.

Wie wurden Sie Malerin und Illustratorin, und wann entdeckten Sie Ihre kreative Ader?
Meine kreative Ader ist eigentlich schon immer da gewesen. Begonnen hat es vielleicht mit dem Herstellen von Farben aus geklauten Schulkreiden. In der Schule war ich guter Durchschnitt, außer in Kunst, da war ich eher das Aushängeschild. Für die Stimmungen der Natur, insbesondere der Jahreszeiten, bin ich schon immer empfänglich gewesen, und parallel haben mich die Zusammenhänge der Natur seit jeher fasziniert.

Nach dem Abi dann die Qual der Wahl: Forstwissenschaft oder Kunst? Die Kunstgewerbeschule in Basel ist’s geworden mit den Schwerpunkten Entwurf, Zeichnen und Malerei. Was mich hier deutlich geprägt hat, sind die Aus-einandersetzung und das Zusammenspiel von Farbe, Form und Entwurf. Angeschlossen habe ich ein Designstudium mit Fokus auf Entwurf, Malerei und Illustration. Und nach rund acht Jahren als Designerin in namhaften Häusern kamen dann die Kinder, für die ich mir ein paar Jahre Auszeit genommen habe. Dann zurück zur Natur – die Sehnsucht nach Wald und Feld, der Traum vom eigenen Vorstehhund, der jagdlich geführt werden soll, und natürlich das Wiederaufleben meiner großen Leidenschaft: der Malerei mit ihren Farben, Stimmungen und Beschaffenheiten. Für mich untrennbar mit meinen Illustrationen verbunden, die ursprünglich mal aus den Vorarbeiten zu meinen Bildern entstanden sind. Große Motivation ist für mich heute das Einpassen der Bilder und Motive in die Umgebung, meine Bilder sollen dem Ort oder Raum eine besondere Atmosphäre geben. Meine Arbeiten sind deshalb oft großformatige Einrichtungsobjekte. Parallel schneiten dann ein paar Anfragen für illustrierte Postkarten, Einladungen und für meine ersten Bilder herein, und so bin ich heute hier.

Sie leben im schönen Rheingau. Inwieweit inspiriert diese Region Ihre Werke und vielleicht auch deren Farbästhetik?
Die Färbung der Weinberge ist das Erste, was mir dazu einfällt. Den Kontrast zwischen dem milden Rheintal und dem rauen Taunus auf solch engem Raum finde ich unglaublich beflügelnd. Die Mischung aus Landschaft, Kultur und Weinseligkeit schließlich sind die perfekte Abrundung für mich.

Es reizt Sie, flüchtige Momente einzufangen. Worin liegt die Herausforderung, diese zu verewigen, und was genau macht die Faszination dieses Prozesses aus?
Das zu vermitteln, was gerade ich darin sehe, und nicht das Ganze. Das Festhalten von Harmonie und der Besonderheit der kleinen Dinge. Etwas darstellen, was man nur aus dem Augenwinkel wahrnimmt und worüber man nachher denkt: Ja, genau so war’s!

Was verbindet Sie persönlich mit der Jagd?
Meine persönlichste Verbindung mit der Jagd ist unser erster Drahthaar-Rüde, mit dem ich auch zum Jagdschein gekommen bin. Aber auch das Allein- und das Für-mich-Sein gehören dazu, wenn ich die Einsamkeit des ungestörten stillen Beobachters genießen kann. Gerüche, Farben und Geräusche wahrnehmen. Meine Begeisterung für Brauchtum, Tradi-tion, das Landleben. Knarzende Lederstiefel, dicke Lodenstoffe, Jahreszeiten erleben – das alles gehört für mich genauso dazu wie Beute machen, Wildbret zubereiten, den Gegensatz von Derbem und Schönem verinnerlichen.

Inwieweit beeinflussen jagdliche Themen Ihr kreatives Schaffen?
Tatsächlich stehen neben floralen meine jagdlichen Motive im Jahresverlauf ganz stark im Vordergrund. Sei es der Lebenszyklus der Wildarten oder die Arbeit mit den Hunden. In jeder Jahreszeit bieten sich so viele attraktive Szenarien!

Wie entstanden die Titel „waidmarie“ und „fleurremariee“?
Dies hat einen ganz einfachen Grund: Weil ich ein stark visuell geprägter Mensch bin, gefiel mir das Durcheinander von großformatigen floralen und jagdlichen Themen irgendwann überhaupt nicht mehr. Mit einer guten Flasche Riesling kamen die beiden Titel schließlich ganz von allein … Und nicht zuletzt, weil es meinen Kunden so besser gefällt.

„Mit Skizzenbuch und Hund auf der Jagd“ – gab es hierbei ganz besonders prägende, bewegende oder gar aufregende Momente?
Ich muss zugeben, es ist heute nicht mehr das Skizzenbuch allein, sondern auch die Kamera. Zusammen mit meinem Hund sind das meine drei ständigen Begleiter. Die faszinierendste Skizze entstand wohl bei einem Morgenansitz im letzten Frühling, für die der Feldhase mir eine gefühlte Viertelstunde lang Modell saß, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Zu den aufregenden Momenten zählt sicher auch, wenn der Hund auf einmal die Nase hochnimmt, Wild anzeigt und das bewegte Wild durch eine rasend schnelle Abfolge von Fotos festgehalten wird. Oder werden soll.

Der Blick aus dem Verborgenen gehört zu Ihrem Stil. Was genau ermöglicht er Ihnen?
Er ermöglicht mir einen besonderen Blickwinkel, ganz anders, als wenn ich als Spaziergängerin unterwegs bin. Ein besonderer Schattenwurf, ein Lichtstreif, ein Wildtier, das nicht flüchtet oder aufwirft, sondern in Ruhe äst oder zieht.

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