Nach alter Väter Sitte

| Text: Theo Fischer |

Feuer, Stahl und Hingabe sind die drei Grundpfeiler eines vom Aussterben bedrohten Handwerks. Die traditionelle Schmiedekunst begeistert aber auch heute noch junge Talente. Passend zum edlen Wildbret formt Julian König erlesene Steakmesser, die sogenannten „Harzer Filetmesser“, nach uralten Fertigungstechniken.

Der Harz ist untrennbar mit dem Bergbau, der Erzgewinnung und dem Hüttenwesen verbunden. „Es grüne die Tanne, es wachse das Erz, Gott schenke uns allen ein fröhliches Herz“ So sagt es ein altes Sprichwort aus dem nördlichsten Mittelgebirge Deutschlands. Aber nicht nur die Gewinnung von Metallerzen und die Weiterverarbeitung zu Rohmetallen haben im Harz Tradition. Auch uralte Handwerke wurden in der Region über viele Generationen hinweg nahezu unverändert weitergegeben. Julian König ist Schmied in sechster Generation. Bereits 1860 beherrschten seine Urahnen die Kunst, aus glühendem Eisen nützliche Dinge für die örtliche Bürgerschaft herzustellen. Schon immer stand dabei der Bezug zur Natur und zum Tier im Vordergrund. Denn seit vielen Jahrzehnten und über mehrere Generationen hinweg ist die Sangerhäuser Schmiede für ihren herausragenden Hufbeschlag bekannt. Ausschlaggebend sind dabei die Anatomie und das Gangbild des Pferdes. Jeder Huf ist anders, und das Eisen muss sich perfekt an ihn anpassen. Das erfordert trotz des schweißtreibenden Berufs ein hohes Maß an Genauigkeit und Fingerspitzengefühl. Die größte Motivation ist dabei für den jungen Schmied das Wohl des Tieres, woraus Julian König einen hohen Anspruch an sich selbst ableitet. Mit diesem Anspruch widmet er jedem Pferd viel Zeit und Einfühlungsvermögen, um die individuellen Ansprüche an den Huf und das hierfür notwendige Eisen herauszulesen. Frei aus der Hand formt er anschließend mit dosierten Schlägen den perfekten maßgeschneiderten Wanderschuh in orthopädischer Qualität. Eine Qualität, die ihm seine Patienten nicht nur mit einem runden und ausgelassenen Gangbild, sondern auch mit Medaillen im Spitzen-Reitsport danken.Privat ist Julian König passionierter Jäger. In der Ruhe des Waldes und der Weite der Landschaft schöpft er Energie und Inspiration für seinen körperlich sehr anstrengenden Beruf. Einen Beruf, der vom Aussterben bedroht ist. Moderne IT-Berufe und besser bezahlte, filigranere und körperlich weniger anstrengende Handwerksberufe unterlaufen die Weiterführung eines der ältesten Traditionshandwerke Mitteleuropas. Eine Kunst, der sich Julian König nicht nur aufgrund seiner familiären Vorbelastung mit Hingabe widmet.

Vielmehr reizt ihn die Faszination, aus Rohstoffen wie Stahl und Kohle einzigartige Produkte allein durch Muskelkraft und die Macht des Feuers zu schmieden. Diese Ursprünglichkeit lebt der junge Meisterschmied auch in seiner jagdlichen Passion und der Verwertung des erlegten Wildes. Denn die Jagd genießt er nicht nur durch ausgiebige Ansitze und spannende Pirschgänge mit seiner Drahthaarhündin Amy. Auch die Zubereitung hochwertiger Wildleckereien aus dem hauseigenen Wildbetrieb ist für König ein integraler Bestandteil der Jagd und seiner Verbundenheit mit der Natur. Und genauso exklusiv wie seine Passion für das Handwerk und die Jagd sind auch seine erlesenen Fleischmesser. Nur auf Nachfrage und nur in streng limitierter Auflage schmiedet Julian König dieses besondere Besteck. Das Modell ist in Fachkreisen auch als „Harzer Filetmesser“ bekannt. Ein uriges Design, eine verblüffende Ergonomie und die markante Schneide sind die Markenzeichen dieser regionalen Besonderheit. Bereits der Reformator Martin Luther kannte die Vorzüge dieses eigentümlichen und besonders schnitthaltigen Speisemessers aus dem Südostharz, nach dem er selbst im Exil auf der Wartburg verlangte. Nicht nur die spezielle Rezeptur der Legierung, die die Klinge so schnitthaltig macht, sondern auch sein zeitlos puristisches Äußeres und die hervorragende Handlage beim Tranchieren küren das Harzer Filetmesser zum bevorzugten Instrument wahrer Edelfleisch-Genießer. In der Rosenstadt Sangerhausen bewahrt der junge Meisterschmied Julian König das Geheimnis seiner Herstellung nun in sechster Generation. Quasi unverändert wurde die Tradition dieser besonderen Handwerkskunst seit 1860 überliefert. Dabei legt König besonderen Wert darauf, die Harzer Filetklinge mit genau den gleichen Herstellungsmethoden seiner Vorväter zu erhalten. Es wäre wohl viel einfacher, dieses Modell mit Laserschneidmaschinen, Fräsen und automatisierten Prozessen herzustellen. Aber jedes der handgefertigten Einzelstücke entspringt einzig und allein der traditionellen Schmiedekunst. Schmiedefeuer, Hammer, Amboss und Schleifstein – das sind alle Hilfsmittel, die es dafür bedarf.

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