Rainer Schmidt-Arkebek – Achtung und Respekt vor dem Steinzeitlichen

| Text: Gabriele Metz |

Tiere waren schon als Kind seine liebsten Zeichenmotive. Als Rainer Schmidt-Arkebek damals in den Mooren seiner Heimat Rehe beobachtete, ahnte wohl noch niemand, dass sich der 1944 geborene Schleswig-Holsteiner zu einem außergewöhnlichen Künstler entwickeln würde. Wir sprachen mit dem Mann, zu dessen Besonderheiten unter anderem höhlentaugliche Cromagnonwerke gehören.

Bereits im Alter von 16 Jahren entflammte Ihre Leidenschaft für die Jagd. Verraten Sie uns, woher
diese Passion rührt?

Schon als Kind zog es mich aus dem überschaubaren Städtchen an der schleswig-holsteinischen Westküste in die nahen Moore. Dort pirschte ich an Rehe heran und war zufrieden, wenn mir auch der Rückzug über Knicks und durch Gräben hindurch von diesen unbemerkt gelang. Tiere waren meine bevorzugten Zeichenmotive.

Wir sind immer noch die Jäger und Sammler wie vor 20 000 bis 30 000 Jahren. Der spanische Philosoph José Ortega y Gasset („Meditationen über die Jagd“), Dr. Günter R. Kühnle, Dieter Stahmann und Dr. Christian C. Willinger beschreiben in ihren Büchern die biologischen, soziologischen und mentalen Gründe dafür, dass bzw. inwiefern die Jagd in uns implantiert ist.

Unser Heim wurde nach dem früh an einem Kriegsleiden verstorbenen Vater erst viel später durch den Stiefvater zu einem Jägerhaushalt. So erwuchs aus meinem Interesse an der Umwelt und den Wildtieren die Jagd als Naturbedürfnis und selbstverständliche Aufgabe.

Sie kennen Reviere in vielen europäischen Ländern. Welches beeindruckte Sie am meisten und weshalb?

Die ersten Jagderlebnisse als 16-Jähriger mit eigener einläufiger Hahnflinte erlebte ich im Wattenmeer vor dem Deich. Die Urgewalten des Wassers, Ebbe und Flut, das Tosen der Elemente Wind, Regen, Schnee und Hagel in der weiten unbegrenzten Küstenlandschaft waren oft Furcht einflößend. Die wechselnden Jahreszeiten, der Vogelzug, die Schreie und Rufe der unglaublich vielen und mannigfaltigen Vögel am Tage und des Nachts machten mich staunen. Gejagt wurden die jagdbaren Entenarten, Gänse waren es nur wenige am Ende der 1950er-Jahre.  So nahm ich Witterung auf und war genossen gemacht. Mit der Begründung des Na-tionalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer im Jahr 1985 war die Jagd in dieser Naturlandschaft nicht mehr möglich, mir aber blieb sie bis heute unvergessen. Ähnliche naturnahe Erfahrungen machte ich über viele Jahre in den riesigen Wäldern und Mooren auf den Höhenzügen des nördlichen Värmlandes in einem Elchrevier in Schweden.

Bitte erzählen Sie uns von Ihrem heimischen Revier im Wohnort Arkebek.

Im waldärmsten Kreis Deutschlands steht auf den Endmoränen der vorletzten Eiszeit, einer leicht hügeligen Geestlandschaft, ein alter bäuerlicher Mischwaldbestand in Sichtnähe unseres Hauses. Dieser Wald erstreckt sich über mehrere Reviere. Von der 600 Hektar großen Jagdfläche Arkebeks sind knapp 100 Hektar Wald, in dem ich mich als Rehwildjäger besonders wohlfühle. Damwild zieht hier seine Fährten, seit der Orkan Kyrill im Januar 2007 infolge Windbruchs ein größeres Rudel aus dem Gehege befreite. Sauen, die rinnend den Nord-Ostsee-Kanal überwinden, waren vormals seltenes Wechselwild in Dithmarschen. Durch den ausufernden Anbau von Futter- und Energiemais haben wir heute die Schwarzkittel als Standwild in der Region. Das Niederwild hat durch Schwund an Bedeutung abgenommen, die Strecken sind eher dürftig.

Welche Rolle spielen im Rahmen von Jagden gesammelte Eindrücke in Ihrer Kunst?

Viele meiner Bilder sind eine Reflexion auf erlebtes Waidwerken. Die Vorfreude auf den zu erwartenden Jagderfolg ist vielfach die Motivation, aus der Erinnerung das zu erwartende zukünftige Erleben zu sichern. Diese Bilder bezeichne ich als Impressionen. Ein solches Denken und Handeln war möglicherweise auch die Motivation steinzeitlicher Jägerkünstler, sich und ihre Kunst, das Wild, das sie jagten, in ihren Höhlenheiligtümern an den Wänden zu verewigen und durch Magie zu sichern.

Haben Sie jagdlich geprägte Lieblingsmotive?

Auf jeden Fall! Bereits in meiner Kindheit waren das Land der Elche, Schweden, und die dort lebenden Wildtiere Bestandteil meiner Träumereien, mit der Sicherheit eines Gläubigen, dort nie meine Fährten ziehen zu können. In Schleswig-Holstein erlebte ich den Niedergang des Birkwildes in den 1970er-Jahren. Jahrzehnte der Kultivierung der Moore und die damit verbundene Zerstörung
der Habitate bewirkten den erschreckenden Rückgang der Arten und damit auch die Ausrottung des Kleinen Hahnes. Die Raufußhühner in ihrer Vielfalt waren die auserwählten Favoriten in meiner bildnerischen Arbeit.

Sie finden den Artikel spannend und möchten ihn gern weiterlesen?
Dann lohnt es sich, das ganze Heft zu kaufen.