The Sunburned Country – ein Land, von der Sonne verbrannt
| Text: Peter Ryan |
Australien ist ein Land der Extreme, und das macht es zu einem der letzten echten Abenteuer auf diesem Planeten. HALALI-Autor Peter Ryan beschreibt, wie es ist, dort zu leben und zu jagen.
Als im Jahr 1788 die ersten Siedler nach Australien gelangten, machte dort fast nichts Sinn für einen Europäer. Das Land war voll von Kreaturen, die nichts glichen, was sonst auf Erden kreucht und fleucht. Kängurus unterschiedlichster Arten hüpften unter den Eukalyptusbäumen umher. Ameisenigel und Schnabeltier legten Eier, säugten ihre Jungen aber. Die Tierwelt war für das altweltliche Auge so bizarr, dass Experten erste Exemplare der genannten Arten, die nach England gelangten, als platte Fälschungen abtaten.
Die Tierwelt war fremdartig und gefährlich: Giftschlangen waren häufig, es gab zudem giftige Spinnen und Quallen, einige Bäume trugen Blätter, die bei Berührung schmerzhaft brannten – sogar das kleine Schnabeltier trug giftige Sporne an seinen Hinterläufen. Den Siedlern muss das Land gefahrvoll bis an die Grenze des vernünftig Vertretbaren erschienen sein, und auch heute noch zeigen die Australier einen eigenartigen Stolz auf ihre gefahrvolle Heimat.
Doch als die Siedler begannen, das Land zu erforschen, verblasste alle Gefahr bis zur Unbedeutsamkeit. Sie fanden einen weiten Kontinent vor, auf dem kaum Menschen lebten. In Teilen war er fruchtbar und gut bewässert, doch zum größeren Teil fanden sich entweder harte Wüste oder trockene Wälder. Doch vor allem gab es schier endlose Sandflächen Grasland, eine „andauernde Gleichförmigkeit nicht enden wollender Ebenen“, wie es ein früher Dichter Australiens beschrieb.
Ich bin dort aufgewachsen, inmitten harter Kontraste. Der Rhythmus dieses weiten braunen Landes ist launenhaft: Lang anhaltende Dürren werden von sintflutartigen Regenfällen unterbrochen, und dann verwandelt sich das Outback in ein Meer dichter grüner Vegetation. Doch die verdorrt bald wieder, und dann kommen die Buschfeuer. Es ist ein Land der Extreme, und das macht es zu einem der letzten echten Abenteuer auf diesem Planeten.
Der größte Teil Australiens, derjenige außerhalb der großen Städte, ist immer noch beinahe menschenleer. Das Northern Territory, das obere Ende des Kontinents, ist nur ein kleiner Teil Australiens, aber dennoch zweimal so groß wie Frankreich. Und lebten dort dreimal so viele Menschen wie heute, dann wäre der Landstrich ungefähr so reich bevölkert wie Alaska.
Es lässt sich gut jagen hier, wenn man weiß, wo. Auch wenn Australien der trockenste Kontinent des Planeten ist, leben hier Unmengen von Enten und Gänsen, die meist den Regenfällen folgen. Einige dieser Wasservögel gibt es nur hier: Die Spaltfußgans ist nahezu überall in den Sümpfen im Norden Australiens heimisch und kommt häufig in großer Zahl vor. Die Hühnergans dagegen, die im kühleren Süden Australiens lebt, wurde durch die frühen Siedler und die intensive Bejagung bis in die 60er-Jahre beinahe ausgerottet, hat aber ein spektakuläres Comeback erlebt und gilt heute als nicht mehr gefährdet. Zwei Arten von Wachteln sind bejagbar, die Schwarzbrust- und die Tasmanienwachtel. Beide sind das Lieblingswild einer kleinen Gruppe von Enthusiasten, die die Vögel mit Vorstehhunden und Spaniels bejagen. Ich kenne dieses Wild gut, all diese Arten habe ich mit meinem alten DK Saxon bejagt, der wieder und wieder unter Beweis stellte, dass ein deutscher Vollgebrauchshund unter allen Bedingungen sauber arbeitet. Saxon begleitete mich später auch nach Neuseeland, aber das ist eine Geschichte, die ein andermal erzählt werden soll.
Außerdem wurden aus England Hase, Kaninchen und Fuchs eingeführt, die sich in ihrer neuen Umgebung so wohlfühlten, dass sie sich weit über Gebühr vermehrten, bis hin zu katastrophalen Ausmaßen. Sie werden nicht als Wild, sondern als Schädling angesehen – insbesondere der Fuchs hat die heimische Singvogel- und Eidechsenwelt schwer geschädigt.
Bemerkenswert ist auch die Bandbreite an hier angesiedeltem Haarwild. Hausschweine brachen schon früh aus, verwilderten und sind heute eigentlich überall zu finden, wo Wasser vorhanden ist. Auch sie gehen an Wild und Nutzpflanzen zu Schaden. Daher sind sie die wohl am meisten bejagte Art Australiens, doch ihre Reproduktionsfähigkeiten sorgen dafür, dass die Bestände nicht sinken, sondern eher steigen. Sie fährten sich bis in die entlegensten Feuchtgebiete der Erde, wo sie außer Krokodilen nichts zu fürchten haben. Einige von ihnen bekommen ihr ganzes Leben lang keinen Menschen zu Gesicht. Ich habe ausgewachsene Keiler bis auf kürzeste Distanz angepirscht, wild lebend seit womöglich hundert Generationen, in wahrlich abgelegenen Landesteilen wie beispielsweise dem Arnhemland. Die Schweine standen nicht auf, sie taten sich nieder und schliefen vor meinen Füßen ein. Sie wussten ganz einfach nicht, was der Mensch ist. So einsam sind weite Teile Australiens.