Von alten und neuen Bekannten

| Text: Ilka Dorn |

Für viele Jägerinnen und Jäger gibt es kaum eine spannendere Jagdart als die Blattjagd auf den reifen Rehbock, verlangt sie doch Können und Geduld zugleich. Auch für HALALI-Redakteurin Ilka Dorn ist diese Zeit jedes Jahr im Jagdkalender rot angestrichen, und ein paar Urlaubstage sind stets dafür reserviert. Lassen Sie sich inspirieren von einem ganz besonderen Blattjagd-Erlebnis im heimischen Revier im Hunsrück.

Der Frühling verging wie im Flug, und mein Mann und ich waren viel im Revier unterwegs. Einige Hochsitze mussten ausgebessert werden, und zudem waren wir intensiv damit beschäftigt, die Wiesen vor der anstehenden Mahd nach den frisch gesetzten Jungtieren abzusuchen. Auch bei uns macht der Fortschritt nicht halt, und wir haben in diesem Jahr zum ersten Mal mit Wärmebildkameras ausgestattete Drohnen bei der Suche nach den Kitzen eingesetzt. Auf diese Weise konnten wir einige Kitze retten, die wir wahrscheinlich sonst nicht gefunden hätten. Es ist eine unglaublich befriedigende Arbeit, und das Gefühl, wenn man ein frisch gesetztes Kitz in den Händen hält und in den nahen Wald bringt, in dem Wissen, dass es in den Abendstunden von der Ricke wieder abgeholt wird, lässt sich kaum beschreiben.

Doch auch jagdlich gesehen waren wir nicht untätig. Im Mai konnten wir einige junge, schwache Rehböcke erlegen, und auch zwei Schmalrehe lagen bei uns auf der Strecke. In dieser Zeit konzentrieren wir unsere jagdlichen Aktivitäten hauptsächlich darauf, beim Rehwild in der Jugendklasse einzugreifen. Bei den älteren Böcken lassen wir uns gerne noch ein wenig Zeit. Das Schwarzwild wird bei uns im Frühjahr dagegen wenig bejagt und genießt in der Regel Schonfrist bis in die frühen Sommermonate.

Ist die Jagd im Frühjahr aufgrund der niedrigen Vegetation in Wald und Feld noch relativ einfach, wird sie im Laufe der Zeit immer schwerer. Auf den Wiesen und Feldern stehen das Getreide und das Gras so hoch, dass nur noch die Lauscherspitzen der Rehe hervorlugen. Und in den sumpfigen Ecken des Reviers sorgen jetzt das Mädesüß und das mannshohe Rohrglanzgras dafür, dass wir das Wild so gut wie gar nicht mehr zu Gesicht bekommen. Im Wald ist die Vegetation lichter, nur der Farn und die Brombeerbüsche werden höher und höher. Es ist die Zeit der Pirsch, und so nutzen wir die frühen Morgen- und Abendstunden gerne auch dazu, durchs Revier zu streifen. Auf diese Weise konnten wir den einen oder anderen Rehbock zu Gesicht bekommen, den wir bislang noch nie gesehen hatten.

Der Sommer zog ins Land, und wir waren sehr damit beschäftigt, den süßen milchreifen Weizen vor den Sauen zu schützen. Dies bedeutet viele Nächte Ansitz und Pirsch in der Feldflur, doch in diesem Jahr hielt sich bei uns der Schaden im Vergleich zu den Jahren zuvor zum Glück in Grenzen. Sicherlich auch ein Ergebnis der intensiven Schwarzwildbejagung mittels Nachtsichttechnik.

Gegen Ende Juli folgten ein paar brütend heiße, gewitterschwüle und feuchtwarme Tage. Ein vielversprechender → Anfang für die nahende Blattzeit, ich freute mich schon sehr darauf. Für mich ist die Blattjagd immer ein ganz besonderes Highlight im Jagdjahr. Gelingt es mir, beim Blatten einen reifen älteren Bock, den ich zuvor noch nie gesehen habe, vor die Büchse zu locken, ist es immer wieder ein ganz besonderes Erlebnis. Denn das Blatten ist mit keiner anderen Jagdart zu vergleichen, verlangt sie doch vom Jäger Raffinesse, Ausdauer und zudem ein Quäntchen Glück.

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