Von Kroatien nach Westafrika

| Text: Sven F. Goergens |

Angelreisen zur Selbstversorgung und Selbsterfahrung: Begleiten Sie uns auf großen Abenteuern mit kleinem Materialaufwand! Wir sind für Sie vorausgefahren.

Über die Waidgerechtigkeit auf der Jagd und bei der Angelfischerei entscheidet nicht zuletzt die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Der Mensch, dem Tier in seinem angestammten Lebensraum unterlegen an Sinneskraft, kann zurückgreifen auf technische Krücken: Drohnen orten den Sprung Rehwild am Waldrand, Echolote die Schule von Goldmakrelen in der Meerestiefe. Wer unbedingt schnell Beute machen will, der kann das. Allerdings müssen wir Jäger und Angler in Deutschland nicht verhungern, wenn wir den Bock fehlen oder die Forelle den Haken aus der Maulspalte schüttelt. Ganz im Gegenteil, mehr als die Hälfte von uns ist übergewichtig, ein Fünftel gar adipös, und doch scheint bei nicht wenigen die Beutegier den Abzug zu betätigen oder die Leine auszuwerfen.

Wir bezeichnen uns gerne als „leidenschaftlich“. Selbst zum Leid bereit sind wir aber selten. Wir wollen siegen, immer die Oberhand behalten. Dabei verleiht uns das eigene Scheitern – auf der Jagd und beim Angeln ja eigentlich systemimmanent – erst den nötigen Respekt vor der Kreatur. Beständig wächst der Markt der Jagd- und Angelreisen. Lachsfischen auf der Halbinsel Kamtschatka am Ende der Welt? Kein Problem, ein Helikopter fliegt Sie dorthin, ein komfortables Zeltlager versorgt Sie vortrefflich. Big Game Fishing auf die letzten Tune? Nehmen Sie Platz auf dem Kampfstuhl an Deck, gekühltes Bier in Griffweite. Sie müssen rein gar nichts wissen über Gezeiten, Wellengang und Köderwahl und genauso wenig über Lebensweise oder Schutzbedürftigkeit der Zielfische. Ihre Eigenverantwortung geben Sie gegen einen vierstelligen Dollarbetrag pro Tag an den Kapitän ab. Auch den Fisch müssen Sie nicht selbst zubereiten. Übernimmt das angeschlossene Hotel oder Restaurant: tellerfertig filetiert, und mit einer Flasche perfekt temperiertem Chablis serviert. Doch wir wollen echte Abenteuer erleben und lernen, wie man mit den Ressourcen der Gastländer sorgsam umgeht. Dazu brauchen wir keine internationalen Hotelketten, deren Devisenprofit selten den Einheimischen zugutekommt, und keine Skipper mit Bankkonto auf den Bermudas, die ihrer Mannschaft einen Hungerlohn zahlen.

Wir kaufen beim Straßenhändler die Kartoffeln oder den Reis, die Mangos oder die Zitronen, das Kokos- oder das Olivenöl, das wir zur Zubereitung unserer fair gefangenen Beute benötigen. Wir wohnen rustikal in anmietbaren Privathäusern, kleinen Guesthouses oder Airbnb-Unterkünften. Am liebsten fischen wir mit einfacher Ausrüstung vom Ufer, mitten in der Brandung oder in einer ruhigen Felsenbucht. Verspüren auch Sie Lust auf mehr Selbsterfahrung und
eigene Erfolgserlebnisse unter mediterraner Sonne oder tropischem Sternenzelt? Dann lesen Sie, wo wir uns für Sie rumgetrieben haben und zu welchen Reisezielen wir Sie gerne einladen.

Die kroatische Adria-Insel Krk: Eldorado für angelnde Selbstversorger

Eröffnet sich durch die Windschutzscheibe nach knapp fünfstündiger Autoreise von München das erste Mal die Aussicht auf die zerklüftete kroatische Adriaküste, liegt das Urlaubsglück in Reichweite. 30 Minuten später rollen wir über die Krk-Brücke, eine kühne Konstruktion aus zwei über knapp eineinhalb Kilometer gespannten Stahlbeton-bögen, die seit 1980 das Festland mit Kroatiens nördlichster Insel verbindet. Es duftet nach Lavendel und nach Rosmarin, der hier allerorts wild wuchert. Wir werden für den „Tau des Meeres“ – so die Übersetzung des aus dem Lateinischen stammenden Kräuternamens – in den kommenden Tagen in unserer kleinen mediterranen Küche noch Verwendung haben.

Beste Reisezeit: das Frühjahr und der Herbst

Die etwas über 400 Quadratkilometer große Insel Krk liegt in der Kvarner Bucht, knapp 18 000 Menschen leben hier dauerhaft. Im Sommer viel mehr, denn dann kommen
zuhauf Bayern, Italiener, Österreicher und Slowenier. Ins-gesamt knapp 14 Millionen Urlauber zieht es jede Saison nach Kroatien, längst eines der beliebtesten Sommerziele Europas. Krk macht da keine Ausnahme. Kinder, Hunde, Eltern planschen im seichten Wasser der hübschen Buchten, von dem auch international bedeutenden Jachthafen in Punat schippern täglich Hunderte Boote durch die enge Bucht aufs Meer. Ganz anders im späten Herbst oder jetzt im Frühjahr: Als wir ankamen, noch fröstelnd vom nicht enden wollenden bayerischen Winter, empfingen uns verschlafene Hafenörtchen, kaum befahrene Küstenstraßen sowie ein Heim in einem alten Steinhaus mit Garten voller knospender Feigenbäume.

Die Perle von Krk: der mittelalterliche Küstenort Vrbnik

Quartier bezogen haben wir in Vrbnik an der Ostküste Krks. Das 1 200-Seelen-Dorf thront auf einem Felsen über einer tief eingeschnittenen Bucht. Der hoch aufragende venezianische Glockenturm ist das Wahrzeichen des mittelalterlichen Ortes, seine labyrinthischen, autofreien Gassen sind sein besonderer Charme. In unserem Garten mit Blick auf Bucht und Kirchturm steht ein gemauerter Feuerplatz mit Grillschale, einen großen Holztisch mit Stühlen gibt es auch.

Warum rund um Krk so viel Fisch schwimmt:

Wir wollen uns so weit wie möglich selbst versorgen. Gar nicht so schwer, denn in den Küstengewässern rund um Krk schwimmt jede Menge Fisch. Ursachen für die erfreuliche Erholung der Bestände gibt es mehrere: Der Fischreichtum von Krk, insbesondere in der Bucht von Punat im Westen der Insel, geht wohl auf das Ausbaggern der Fahrrinne zurück, das die Marina Punat 2010 veranlasste, um auch von Jachten mit mehr Tiefgang angelaufen werden zu können. Seitdem strömt frisches Wasser tiefer in die Bucht hi-nein, bei günstiger Windrichtung kommt es zu einem umfassenden Wasseraustausch zwischen dem offenen Meer und den Uferbereichen. Aber die Vertiefung der Rinne hatte noch einen anderen positiven Effekt: Durch den Aushub des Meeresgrunds wurden die verkrusteten Bodenstrukturen gelockert und für viele Kleinorganismen und Nährtiere der Fische wieder bewohnbar. Trotz des üppigen Fischvorkommens rund um Krk hält sich hartnäckig das Gerücht, die Populationen der meisten Meeresfischarten seien zusammengebrochen. Auch der in München wohnende Kroate Alenko Franolic, der die Gewässer rund um die Inseln Krk, Pag und Cres seit seiner Kindheit als Schnorchler, Angler und Bootsfahrer erforscht, berichtet, die Schwärme seien erst in den vergangenen zehn, 20 Jahren zurückgekehrt. „Unser Meer ist wieder quicklebendig“, sagt er glücklich. „Ich kann mich nicht erinnern, in meiner Kindheit so viele Fische gesehen zu haben.“

Doraden als Kulturfolger

Fischarten wie die Meeräsche und die Brandbrasse haben sich längst zu Kulturfolgern spezialisiert, die gezielt die Nähe des Menschen suchen. Schließlich fällt in Jachthäfen oder an Badestränden regelmäßig Ess-bares ins Wasser, seien es die Reste aus der Kombüse oder der aus der Hand geglittene Kinderkeks. Möchte man sein Mittag- und Abendessen mit köstlichen Doraden oder Meeräschen bereichern, muss der Uferangler aber einige Kniffe kennen.

Brot bringt die Fische in Not

Der Schlüssel zum Erfolg heißt Brot. Am besten frisches Weißbrot, das es in jeder Dorfbäckerei günstig zu kaufen gibt. Von einem Laib Brot bricht man ein semmelgroßes Stück ab und klappt die beiden Krustenseiten nach innen, sodass man eine weiche weiße Brotrolle erhält. Um den Brotköder wickelt man nun eine monofile Angelschnur, an der im Ab-stand von etwa 15 Zentimetern acht, neun Haken der Größe 10 geknüpft sind. Zu-letzt mit der frei bleibenden Schnur eine Schlinge ums Brotstück ziehen. Anschließend wird die Montage mittels eines sicheren Knotens an der Hauptschnur befestigt.

Ideale Voraussetzungen für den Fischfang mit der Brottechnik sind ablandiger Wind und welliges Wasser. Man braucht vom Strand oder von einer Mole nicht mehr als zehn oder 20 Meter weit werfen. Das mit den Haken umwickelte Brot treibt auf der Meeresoberfläche immer weiter hinaus, achten Sie dabei darauf, den Bügel der Rolle aufzuklappen, damit ausreichend Schnur frei wird. Hat sich ein Fisch beim gierigen Mahl in der Hakengirlande verfangen, bemerken Sie das sofort: Die Schnur fliegt meterweise von der Rolle, weil der gehakte Fisch nun schleunigst das Weite sucht. Jetzt klappen Sie den Bügel zu und stellen die Bremse Ihrer Stationärrolle weich ein. Nun gilt es, den kampfstarken Fisch langsam zu ermüden, nur so gelingt es Ihnen, die Beute ohne Schnurbruch anzulanden.

Tipps zur Zubereitung

Wir erbeuteten in unserem kurzen Urlaub auf Krk mehrere Doraden mit rund 500 Gramm und eine weitaus größere Meeräsche. Beide Arten eignen sich bestens für die Zubereitung auf dem Rost: Kleinere Exemplare können Sie am Stück grillen. Zuvor bitte gründlich schuppen und die Innereien aus der Bauchhöhle entfernen. In den aufgeschnittenen Bauch nun einen Zweig Rosmarin legen, dazu eine Zitronenscheibe sowie Salz und Pfeffer. Den Fisch auf dem Grill ein- oder zweimal wenden. Verspüren auch Sie Lust auf mehr Selbsterfahrung und eigene Erfolgserlebnisse unter mediterraner Sonne oder tropischem Sternenzelt? Dann lesen Sie, wo wir uns für Sie rumgetrieben haben und zu welchen Reisezielen wir Sie gerne einladen.

 

Kroatien für Zivilisationsmüde: Wilde Inselwelt der Kornaten

Der Archipel der Kornaten ist einer jener raren Flecken auf unserem übervölkerten Planeten, der sich vor menschlichem Expansionsdrang zu schützen weiß. Obwohl die rund 150 Inseln nur etwa 30 Kilometer westlich vor der kroatischen Küste liegen, sind sie in der Mehrzahl unbewohnt. Kein Wunder, denn das wasserdurchlässige Kalkgestein, aus dem die zerklüfteten Eilande bestehen, kann keinen Regen speichern. Es gibt dort weder Quellen noch Wasser-läufe. Auf den Geröllfeldern gedeiht keine Vegetation, Grasbüschel und Macchia ausgenommen. Lediglich in einigen Senken und tief eingeschnittenen Buchten überleben geduckte Feigen- und Olivenbäume.

Mediterrane Schären

Kornat, Hauptinsel und Namensgeber des seit 1980 als Nationalpark ausgewiesenen 220 Quadratkilometer großen Gebietes, wurde vergangenen Sommer für einen halben Monat unser Zuhause. Dort wohnen ein paar Menschen, nach aktueller Zählung 19, die meisten von ihnen aber lediglich in den Sommermonaten. Auf dem kargen Eiland kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus: Abgesetzt nach einer knapp zwei-stündigen, von Delfinen und Segeljachten begleiteten Überfahrt – wir gingen auf der Verwaltungsinsel Murter an Bord, dort gibt es Straßen, Autos, Hotels, Einkaufsmöglichkeiten und gepflegte Kiesstrände –, fanden wir uns in einer engen, fjordartigen Bucht wieder.

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