Wehrhaftes Kraut
| Text: Gabriele Metz |
Schmetterlinge und Nachtfalter lieben sie. Die Distelbohrfliege und der Rostpilz sind ihre natürlichen Feinde. Die Acker-Kratzdistel verbreitet sich rasend schnell. Ist sie erst einmal da, wird man sie so schnell nicht mehr los. Doch es gibt auch schmackhafte Seiten: In Honig eingelegt erweisen sich ihre Blütenböden als wahre Delikatesse.
Ihre stacheligen Dornen sind Programm, und sie stoßen auf entsprechenden Widerstand: Landwirten treibt die Acker-Kratzdistel den Stress-Schweiß auf die Stirn. Auch Pferdehalter fluchen laut, wenn sich die stachelige Pflanze auf den Weiden breitmacht. Niemand will sie. Wo auch immer sie auftaucht, ist sogleich von Bekämpfung, ja Vernichtung die Rede. Doch so leicht lässt sich Cirsium arvense nicht unterkriegen. Der Nährstoff- und Platzräuber ist ausdauernd und hartnäckig mit seinen bis zu zwei Meter tiefen Pfahlwurzeln und weitreichenden Ausläufern. Ausstechen, Zerteilen und Zerstückeln bringt nichts. Die unverwüstliche Distel treibt aus den winzigsten Resten im Boden erneut aus.
Wobei die Acker-Kratzdistel durchaus auch Freunde hat: allerdings fast ausschließlich geflügelte – aus der Zunft der Schmetterlinge und Nachtfalter. Das Große Ochsenauge, der Braunkolbige Braun-Dickkopffalter und der Hauhechel-Bläuling schätzen das „Ackerunkraut“ im Sommer und Herbst als nahrhafte Nektarquelle. Nachtfalter nutzen das Stachelgewächs gerne als Raupenfutterpflanze. Somit hat es durchaus eine ökologisch wichtige Bedeutung.
Auch in der Naturheilkunde ist die Acker-Kratzdistel kein unbeschriebenes Kraut. Die naturheilkundlich hochversierte Universalgelehrte und Äbtissin Hildegard von Bingen erwähnte bereits im 12. Jahrhundert ihre heilsame Wirkung. Seitdem steht sie in dem Ruf, mit ihren Bitterstoffen und ihrer harntreibenden Wirkung die Gallen- und Lebertätigkeit zu unterstützen. Außerdem soll sie die Heilung sich schlecht schließender Wunden fördern und die Folgen von Insektenstichen sowie Hustenreiz lindern. Aus den leicht öligen Samen lassen sich Aufgüsse zubereiten, so auch aus den Blütenköpfen. Um einen Tee zu bereiten, überbrüht man einfach frische oder getrocknete Blätter. Getrocknete Wurzeln dienen als Grundlage für Tinkturen und Konzentrate.
In Zeiten großer Armut gehörte die bittere Distel auch zum festen Speiseplan vieler Menschen. Junge Blätter sind stachellos und noch nicht so bitter. Mit ihnen lassen sich schmackhafte Blattsalate anrichten. Auch wie Spinat gedünstet schmecken sie und sättigen aufgrund ihres hohen Eiweißgehalts nachhaltig. Die Böden der Kopfblüten erinnern an den strohigen Grund der Artischocke und lassen sich ganz ähnlich zubereiten. Auch in Honig eingelegt sind sie eine Delikatesse.