Wenn das letzte Grouse ruft

| Text: Byron Pace |

Es gilt als das faszinierendste Flugwild der Welt: das Schottische Moorschneehuhn. Die Jagd darauf ist die Königsdisziplin des Flintenschießens. Aber das Grouse kann nur in einer perfekt gepflegten Landschaft gedeihen und überleben, und diese Form der Landschaftspflege ist gefährdet, wie HALALI-Autor Byron Pace berichtet.

In den eisigen Wochen vor Beginn des Frühjahrs kann der Winter leblos wirken. Der stürmische Nordwind zerrt die Arktis bis nach Schottland herunter, wenn er über die offene Landschaft unserer Moore hinwegfegt. Das Heidekraut, jetzt braun und traurig aussehend, wird vom Schnee und von den eisigen Schauern zu Boden gedrückt. Nur wenige Arten ertragen diese unbarmherzig kurzen Tage und langen Nächte im Hochland, aber einige haben sich dort ihren Lebensraum geschaffen. Bald werden die Hügel wieder voller Leben sein, wenn sich der Schnee in die schattigen Täler an den Nordhängen zurückgezogen hat. Das schrille, wiederholte „qui qui qui“ der Austernfischer kündet an, dass sich weiter unten im Hügelvorland der Frühling blicken lässt. Bald mischt sich der Ruf des Brachvogels drein, der sich zu den Grouse gesellt, die ihn schon lange erwartet haben. Die Moorschneehühner haben den langen Winter mehr oder minder allein ausgesessen, und das – dank der schützenden Hand des Menschen – in großer Zahl. Nun wird die Heide Heimat werden für einige der am stärksten gefährdeten Arten des ganzen Landes, und hier werden sie für ihre eigene Zukunft sorgen, wenn die Brutzeit kommt.

In der steten Auseinandersetzung zwischen der britischen Öffentlichkeit einerseits und der Moorlandpflege sowie der Grouse-Jagd andererseits ist es sinnvoll, die Habitate der Raufußhühner in anderen Ländern zu studieren. Hieraus lassen sich wichtige Erkenntnisse gewinnen: Begreifen wir, wie schwer die Verantwortung wiegt, die wir für unsere Hochmoore haben, wissen wir wirklich, welche globale Wichtigkeit diesem Ökosystem zukommt? Es scheint, als kämen jeden Tag Nachrichten, dass wieder ein Habitat kurz vor dem endgültigen Aus steht. Es wird klarer und klarer, dass der Mensch eine entscheidende Rolle im Landschaftsmanagement spielt, und zwar in der Renaturierung und im Schutz bestehender Ökosysteme. Auf den Grouse-Mooren wird seit der Viktorianischen Zeit praxisorientiert gearbeitet. Aber die politische Stimmung und der zunehmende Wunsch nach „wilden“ Landschaften sind dabei, einem weitestgehend wissenschaftsbasierten Managementsystem ein Ende zu bereiten. Um die drohenden Auswirkungen zu verstehen, müssen wir zuerst einen Blick auf die Geschichte dieser Landschaft werfen, bevor wir uns an unsere amerikanischen Vettern wenden, um einen Blick in die Zukunft zu wagen.

Die Landschaft Schottlands samt dem dort noch vorkommenden Wild ist durch eine lange und wechselvolle Geschichte geprägt. Was für dieses Land gilt, gilt beinahe für jede Gegend unseres Planeten: Der Mensch war ausschlaggebend, und das Schottland, das wir heute sehen, ist das Ergebnis der Summe der Entscheidungen, die wir in unserer Vergangenheit getroffen haben. Der Großteil der Kaledonischen Wälder, der alten, gemäßigten Regenwälder Schottlands, bestehend aus Kiefer, Esche, Erle und Wacholder, ist Geschichte, nur einige Überreste haben unseren Hunger nach Fortschritt überlebt, unsere Industrie, die sich im 17. Jahrhundert um Vieh, Erze, Salz und das Bauwesen drehte. Damals hatte man sich keine Gedanken um die Auswirkungen gemacht. Damals, rund 100 Jahre vor der Vertreibung der ortsansässigen Bevölkerung aus dem Hochland (die die Landschaft weiter veränderte), erzählten die Legenden von großen Waldbränden, die gelegt wurden, um die letzten Wölfe aus der Gegend zu vertreiben. Ob diese Erzählungen Wahrheitsgehalt haben oder nicht, sei dahingestellt. Letztendlich teilte der Wolf das Schicksal des Braunbären und des Bibers. Die letzten Sichtungen datieren von 1682. 1709 waren sie ausgerottet, in Schottland wie in Irland.

Damals tobte der Krieg in Schottland, dessen Höhepunkt die Schlacht von Culloden im Jahr 1746 war, die gleichzeitig das Ende des traditionellen Highland-Lebensstils markiert. Die Menschen verließen das Land, und wer es sich leisten konnte, bestieg ein Schiff und begann ein neues Leben in Nordamerika.

Das Land, das diese Menschen hinterließen, wurde mit Schafen bestockt. Wolle und Fleisch der Tiere waren heiß begehrt, und die „Scottish Blackface“-Schafe waren nur eine von mehreren Viehrassen, die in dem harten, unversöhnlichen Habitat aus Moor und Torf gediehen. Der Volksmund sagt, die nächsten 100 Jahre seien die Berge weiß von Schafen gewesen. Die Restbestände an Wald wurden niedergebrannt, um mehr Weideland zu gewinnen. Ronnie Rose, der weithin bekannte und respektierte Hegemeister, hielt fest, dass nur solche Areale von den Flammen verschont blieben, die „sporting purposes“, mithin der Jagd, dienten.

Die darauffolgende Periode stand im Zeichen von Brücken- und Straßenbau und dem Aufkommen des Transportwesens. Arbeitskräfte waren billig zu haben, das machte die Bewirtschaftung dieses entlegenen Landstrichs zu einem profitablen Unternehmen, wobei sich der Fokus auf die Bejagung des „red grouse“, des Schottischen Moorschneehuhns, sowie des Königswilds der schottischen Jagdgeschichte, des Rothirschs, richtete. Dass Prinz Albert 1852 Balmoral für seine Frau, Königin Victoria, kaufte, trieb die Popularität der Highlands weiter in die Höhe. Mein Zuhause liegt keine 30 Meilen von der südlichen Grenze des Kronbesitzes entfernt.

Der Aufstieg der schottischen Jagdreviere ging einher mit der ersten großflächigen und methodischen Bewirtschaftung, die darauf ausgerichtet war, den Lebensraum bestimmter Wildarten zu verbessern. Dazu gehörte das planmäßig wechselhafte Niederbrennen des Heidekrauts, wie es auch heute noch praktiziert wird, ebenso wie die Kultivierung der fruchtbareren Täler, um für Winteräsung für das Rotwild zu sorgen. Auch viele der heute schlagreifen Wälder wurden damals angepflanzt, um dem Rotwild Einstände zu bieten in einer an Rückzugsmöglichkeiten ansonsten armen Landschaft.

Allerdings gab es damals auch Praktiken, die man heute zu Recht verbietet – die Menschen der Viktorianischen Ära waren wenig rücksichtsvoll gegenüber Tierarten, die mit dem Jagdwild in Konkurrenz stehen. Die Hauptwildarten florierten, Greifvögel dagegen wurden rücksichtslos verfolgt. Das und die Habitatverschlechterung durch intensivierte Landwirtschaft trieben einige Arten an den Rand des Aussterbens. Viele davon, wie der Rotmilan oder der Seeadler, wurden danach erfolgreich wieder angesiedelt.

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